Ein Brüsseler Berufungsgericht hat entschieden, dass Uber seine Aktivitäten in der Region Brüssel-Hauptstadt heute um 18.00 Uhr einzustellen hat. Kann der Fahrdienstanbieter das noch verhindern?
Die Uber-Fahrer wollten die Brüsseler Innenstadt blockieren, bis „der Taxiplan fertig ist“. Sie blockierten zeitweise Tunnel, und ihre Aktionen gingen sogar mit denen der Polizei einher, die aus Protest gegen ihre Arbeitsbedingungen ebenfalls auf die Straße ging.
Die Uber-Fahrer mussten nicht lange demonstrieren, denn nach einigen Stunden gab das Kabinett von Ministerpräsident Rudi Vervoort (PS) bekannt, dass die Brüsseler (Regional-)Regierung der Verordnung, dem „Taxiplan“, zugestimmt hat. Nachdem der Sozialdemokrat Vervoort am Donnerstagnachmittag Besuch eines Vertreters der Uber-Fahrer zur Beratung erhalten hatte, sagte Asmaa Snaïbi, inoffizielle Sprecherin der Uber-Fahrer, dass „die Regierung nach einer Übergangslösung für uns sucht“.
Ob das bedeutet, dass Uber nach Ablauf der Frist des Berufungsgerichts (heute, Freitag, 18 Uhr) weiterarbeiten kann oder die Fahrer noch länger nicht fahren dürfen, war bis gestern Abend noch nicht klar. Sollten sie nicht wissen, ob sie in den kommenden Wochen arbeiten und bezahlt werden können, wollen einige Uber-Fahrer die Brüsseler Innenstadt weiterhin blockieren. „Wir mobilisieren weiter“, sagte Snaïbi.
Ministerpräsident Vervoort verspricht in einer Pressemitteilung, dass der Taxiplan zu einem „rechtssicheren und verlässlichen Rahmen für den professionellen Personenverkehr werden wird, der einen qualitativ hochwertigen Service garantieren kann, der an die neuen Gewohnheiten der Kunden und Nutzer angepasst ist“. Nun muss sich Vervoort noch an die Sozialpartner, den Beratungsausschuss, die Datenschutzbehörde und den Staatsrat wenden. Vervoort versprach, eine Übergangslösung für die Plattformfahrer zu finden, solange der neue Taxiplan noch nicht eingeführt ist. Nächste Woche gibt es neue Konsultationen zwischen Vervoort und den Uber-Fahrern. 95 Prozent von ihnen haben keinen Taxischein, sondern eine VVB-Limousinengenehmigung.
Vervoort kritisierte die Haltung von Uber: „Die Verunsicherung unter den VVB-Fahrern berührt mich zutiefst. Sie sind für diese Situation nicht verantwortlich. Uber ist selbst dafür verantwortlich, dass es diesem Sektor ermöglicht hat, sich zu entwickeln, während die rechtliche Gefahr bestand, dass der Service verboten würde. Uber hat diese Leute in die Irre geführt.“
Das wurde umgehend von Uber-Chef Laurent Slits dementiert. Er gab an, beim Start von Uber in Brüssel ein „Ja“ vom damaligen Verkehrsminister Pascal Smet erhalten zu haben.
Das Brüsseler Berufungsgericht hatte entschieden, dass die überwiegende Mehrheit der Uber-Fahrer ab heute, 18.00 Uhr, keine Kunden mehr bedienen darf. Für die 95 Prozent der Uber-Fahrer, die keinen Taxischein, sondern eine VVB-Limousinengenehmigung haben, wäre es ein harter Schlag. Uber müsste sie ab dem frühen Abend von der Plattform verbannen. Ohne die rund 2.000 VVB-Fahrer ist es für Uber praktisch unmöglich, einen vernünftigen Service anzubieten. Uber hat in Brüssel ungefähr die gleiche Flottengröße wie das Taxigewerbe.
Nachdem Aber die Brüsseler Regierung gestern ihren Taxiplan verabschiedet hat und eine „Übergangslösung“ für die Uber-Fahrer sucht, ist manches unklar.
Nach Jahren des Kampfes gegen die Praktiken von Uber war der Brüsseler Taxisektor begeistert. Viele Uber-Fahrer haben in den drei Regionen Belgiens (Brüssel, Flandern und Wallonien) eine VVB-Genehmigung beantragt, oft weil die Anforderungen für diese Genehmigung niedriger sind als für eine Taxigenehmigung. Doch das Taxigewerbe zeigte regelmäßig, dass Uber (auch) die Vorgaben der VVB-Gesetzgebung – Anmietung eines Fahrzeugs über einen längeren Zeitraum – nicht beachtet.
Nur 5 Prozent der Fahrer beantragten in Flandern eine Taxigenehmigung. Nur sie dürften nach dem heutigen Stichtag weiter Personen befördern. Für die meisten Uber-Fahrer ist Uber die einzige Einnahmequelle, und viele haben sich für die Anschaffung eines geeigneten Autos verschuldet.
Das Gericht stützte das Fahrverbot auf eine Verfügung aus dem Jahr 2015, die Aktivitäten zu beenden. Uber hatte erst 2014 in Brüssel mit seinem Geschäft begonnen, indem man private Fahrer mit UberPop vermittelte. Taxiorganisationen unter Führung der Taxizentrale Taxis Verts hatten nach kurzer zeit gegen den Neuling Klage wegen unlauteren Wettbewerbs eingereicht, weil – ähnlich wie in Deutschland – Fahrer ohne Taxigenehmigung arbeiteten. Dieser Argumentation der Taxibranche folgte das Berufungsgericht nun und erließ eine Verfügung, nach der die Uber-Aktivitäten am Freitag 18.00 Uhr zu beenden sind. Für jede illegale Uber-Fahrt müsste das amerikanische Unternehmen danach eine Geldstrafe von 10.000 Euro bezahlen, maximal eine Million Euro.
Uber stellte damals den UberPop-Dienst ein, machte jedoch wenige Monate später – wiederum wie in Deutschland – mit einer „andere Formel“, UberX, weiter, die Uber als Limousinendienst begriff, für die die Fahrer eine spezielle VVB-Genehmigung (also für Limousine/Mietwagen) brauchten. Damit ging es für Uber bergauf in der belgischen Hauptstadt, aber das Taxigewerbe war der Meinung, dass es kaum einen Unterschied zwischen UberPop und UberX gab. Dies lag vor allem daran, dass die Uber-Fahrer nicht nur auf einen Fahrauftrag per App warteten, sondern auf der Suche nach Kunden kreuz und quer durch die Stadt fuhren und fahren. Eine bemerkenswerte Entscheidung des Brüsseler Wirtschaftsgerichts vor einigen Jahren, in der behauptet wurde, dass Uber keine Taxidienste anbietet, ließ Uber als Sieger erscheinen.
Das Berufungsgericht hat nun die Entscheidung des Unternehmensgerichts aufgehoben und hält die Verfügung aus dem Jahr 2015 aufrecht. „Wir sind sehr besorgt, da 2.000 Brüsseler Uber-Fahrer ab Freitag die Möglichkeit verlieren werden, Einnahmen zu erzielen“, sagte Uber in einer Pressemitteilung. „Dieses Urteil basiert auf veralteten Vorschriften aus der Zeit vor der Einführung von Smartphones, die die Regierung seit sieben Jahren zu reformieren verspricht“, sagte Chef Laurent Slits von Uber Belgien. „Wir fordern die Brüsseler Regierung auf, den Sektor zügig zu reformieren, damit die Fahrer weiterhin arbeiten und ihren Familien den Lebensunterhalt sichern können.“
Vor einigen Monaten schaltete Uber seine App für mehrere Stunden ab, um den Protest der Uber-Fahrer in einem Demonstrationszug gegen die fehlenden Reformen zu unterstützen. Der „Taxiplan“ von Ministerpräsident Vervoort, der auf eine Angleichung der unterschiedlichen Fahrertypen, ein System von Mindesttarifen und – nach flämischem Vorbild – zwei Arten von Taxis (Taxistandtaxis und App-Taxis) abzielt, wurde in groben Zügen vorgeschlagen, aber der parlamentarische Weg muss noch beschritten werden, bevor er Wirklichkeit wird. Es scheint unwahrscheinlich, dass dies in diesem Jahr noch gelingt.
„Dies ist eine kalte Dusche für die Fahrer“, wird Asmaa Snaïbi in der Zeitung De Standaard nach dem Gerichtsurteil zitiert. Sie ist das Sprachrohr von Dutzenden von Fahrern. „Eine komplette Katastrophe. Das System wird seit Jahren geduldet, und sie erteilten weiterhin Genehmigungen. Die Menschen haben ihr ganzes Leben darauf aufgebaut, und jetzt nehmen sie uns alles weg. Es ist ein Skandal, dass die Brüsseler Regierung es so lange aufgeschoben hat“, sagte Snaïbi. „Dieses Elend für Hunderte von Familien hätte vermieden werden können.“ wf
Beitragsfoto: Mietwagen im Brüsseler Stadtbild (mit Kennzeichen T-L für Limousine statt T-X für Taxi). Foto: Wim Faber