Uber gibt es jetzt auch in Ulm und Neu-Ulm. Geht es den örtlichen Taxibetrieben bald wie den Kollegen in Nürnberg? Eindrücke einer denkwürdigen Infoveranstaltung.
Der bekannte Zungenbrecher „In Ulm, um Ulm und um Ulm herum“ könnte bald auch dem dortigen Taxigewerbe große Probleme bereiten. Für die Taxiunternehmer geht es dann aber nicht um eine flüssige Aussprache dieses Zungenbrechers, sondern vielmehr um die wirtschaftlichen Folgen dessen, dass in Ulm, um Ulm und um Ulm herum (in diesem Fall dann Neu-Ulm) seit kurzem auch Uber unterwegs ist. Aktuell seien in den beiden Städten 38 Mietwagenkonzessionen zugelassen, berichtete Christian Linz bei einer Infoveranstaltung, zu der gestern knapp 40 Taxiunternehmer erschienen waren.
Beide Städte liegen an der Donau, die hier auf einem kurzen Abschnitt die Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg trennt. Neu-Ulm ist Kreisstadt des gleichnamigen Landkreises in Bayern, gehörte bis 1802 zu Ulm und ist mit knapp 63.000 Einwohnern eine Mittelstadt. Ulm ist ein Stadtkreis (das ist die baden-württembergische Bezeichnung für eine kreisfreie Stadt) mit knapp 130.000 Einwohnern und somit eine kleine Großstadt.
Linz ist Geschäftsführer des Landesverbands Bayerischer Taxi- und Mietwagenunternehmer (LV Bayern) und hatte den Start von Uber in Ulm und Neu-Ulm zum Anlass genommen, zur „Causa Uber“ zu berichten. Oder, um das lateinische Wort „Causa“ frei zu übersetzen: Linz berichtete, was es für die Taxler zweier kleinerer Städte bedeutet, wenn dort ein Mitbewerber auftaucht, der Fahrten plötzlich zu Dumpingpreisen anbietet.

Dabei malte der Geschäftsführer ein durchaus düsteres Bild, unter anderem, weil Linz von Erfahrungen aus seiner Heimatstadt Nürnberg berichten konnte, in der er selbst noch drei Taxikonzessionen betreibt. In Nürnberg gibt es seit November 2024 die Plattform Bolt und seit kurzem auch Uber. Letztere hätten sieben Millionen Euro in den Markteintritt investiert. Die Folgen: Nürnbergs Taxler beklagen seitdem 30-40 Prozent Umsatzrückgang. Der Wert einer Einzel-Konzession ist von 85.000 Euro auf 30.000 Euro gesunken. Damit sei dann auch in der Frankenmetropole schnell eine Brandmauer eingestürzt: „1/3 Drittel der Nürnberger Taxis lässt sich von Uber und Bolt vermitteln“, berichtete Linz.
Linz erläuterte, dass Uber und Bolt Firmen sind, die nur die Vermittlungs-Technik zur Verfügung stellen, aber selber keine Fahrzeuge besitzen. Deshalb kann man auch nicht die Plattform selber angreifen, sondern nun die Mietwagenbetriebe, an welche die Aufträge vermittelt werden. Bei der Vermittlungs-Technik würden nach Meinung von Linz drei Plattformen auf Augenhöhe agieren: Uber, Bolt und Free Now by Lyft. Die Taxi-Apps wie taxi.eu oder Taxi Deutschland nannte Linz in diesem Zusammenhang nicht.
Dafür machte er aber klar, dass die Taxibestellung über Telefon „Oldschool“ sei, die Zukunft liege in der App-Bestellung. Wer da keine adäquate eigene App-Lösung parat habe, sei chancenlos. Die Rückkehr von Free Now by Lyft von der Mietwagen- zur reinen Taxivermittlung sei sehr wichtig, „weil der ganze Kampf gegen Uber und Bolt sinnlos ist, wenn man nicht selber eine App hat“.
Erst in der späteren Diskussion kam dann zur Sprache, dass die Taxizentralen in Ulm und Neu-Ulm, ebenso wie in Augsburg (deren Vorstände ebenfalls anwesend waren und erfreulich mutmachende Redebeiträge beisteuerten), selbstverständlich längst über eine eigene App verfügen. Der Systemanbieter hinter dieser App ist FMS, und somit steckt auch die Technik der App taxi.eu dahinter. Die Aussage eines 24-jährigen Ulmer Jungunternehmers, dass er niemals zuvor von einer App „taxi.eu“ gehört habe, sollte der Vorstand der Ulmer Taxizentrale zum Anlass nehmen, die interne Kommunikation zu verbessern. Zudem ist ernsthaft zu überlegen, ob das bisherige Branding der App als „Taxi-Ulm-App“ noch zeitgemäß ist, denn auch bei dieser Diskussion wurde von den Unternehmern etwas gefordert, was derzeit bei allen Diskussionen rund um Uber auftaucht: Mit nur einer einheitlichen Taxi-App gegenzusteuern.
Linz nahm bei solchen Überlegungen seinen bayerischen Landesverband aus dem Spiel. Sein LV Bayern übernehme eine andere Rolle bei solchen Markteintritten: Gespräche mit der Politik und den ranghohen Behördenmitarbeitern suchen und darauf hoffen, dass die Behörden dann auch willens sind, ihre gesetzlichen und rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. In Regensburg, so berichtet Linz, sei er vor gut einem Jahr auf eine regelrechte Verweigerungshaltung der Behörde gestoßen. In Ulm, wo Linz am Vormittag sowohl die Ulmer als auch die Neu-Ulmer Behördenvertreter besucht hatte, sei das Gespräch positiver verlaufen. „Da habe ich heute einen komplett anderen Eindruck gewonnen“, lobte Linz die offene Haltung der Behörde. Man habe sich dort auch offen gezeigt, Festpreise für Taxis innerhalb eines Tarifkorridors und Mindestbeförderungsentgelte (MBE) für Mietwagen einzuführen.

Christian Linz erläuterte sehr ausführlich, was MBE bedeutet: Nach § 51a des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) kann eine Kommune Mindestbeförderungsentgelte für Mietwagen vorschreiben, solange dies zum Schutz der öffentlichen Verkehrsinteressen geschieht. Dann dürfen die Mietwagenbetriebe einen von der Behörde festgelegten Mindesttarif nicht unterschreiten. Bei der Preisfestlegung nach oben sind aber alle Möglichkeiten offen. „Den Mindestpreis könne man aber nicht einfach aus der Hüfte herausballern. „Jede Behörde muss gut begründen, warum ein MBE zum Schutz der öffentlichen Verkehrsinteressen erforderlich ist“, sagte Linz. Dazu brauche man am besten ein Sachgutachten, wie es beispielsweise für Heidelberg und Essen erstellt wurde. „Es zählen nur Zahlen, Daten und Fakten.“
Anschließend fasste Linz zusammen, wo es außer im Landkreis Lörrach sonst noch Mindesttarife gibt. In Leipzig waren sie bereits eingeführt, dann aber wieder auf Eis gelegt. In Heidelberg gelten sie seit 1. August 2025, doch noch halten sich die Mietwagen nicht daran. Beide Seiten bereiten sich derzeit auf die in Kürze anstehende gerichtliche Auseinandersetzung vor. In Essen hat der Stadtrat Ende September beschlossen, MBE zum 1. Januar 2026 einzuführen. Beide Städte berufen sich bei ihrer Begründung auf ein jeweiliges wirtschaftliches Gutachten zur Marktsituation. Ein solches Gutachten gäbe es wohl in Kürze auch für die fränkische Städteachse Nürnberg, Fürth, Erlangen und Schwabach. Hier rechnet Linz damit, dass im Frühjahr Mindesttarife eingeführt werden. In München wurde ein eigentlich geplantes MBE kurz vor der Ziellinie ausgebremst.
MBE sind ein sehr wirksames Mittel, am besten in Kombination mit einem Festpreis für Taxis. Doch was kann man zwischenzeitlich tun, um Auswirkungen wie in Nürnberg zu vermeiden? Bei dem gestrigen Treffen kam es zu einer regen Diskussion. Die Denkanstöße gingen in viele Richtungen, angefangen von der schon angesprochenen Forderung einer einheitlichen Taxi-App bis hin zu Finanzierungsvorschlägen über „Tokens“. Die Taxibranche müsse für ihre eigene App auch viel mehr Werbung machen, forderten viele. „Wenn jedes der 30.000 Taxis in Deutschland pro Tag einen Euro in einen Werbefonds einzahlen würde, hätte man einen großen Etat, um damit Werbung zu machen“, meinte ein Teilnehmer. Noch günstiger wäre es, wenn man die bereits vorhandenen Kapazitäten nutzen würde. Beispielsweise, indem jeder Taxifahrer pro Tag mindestens drei seiner Fahrgäste überzeugen könnte, sich eine der Taxi-Apps von taxi.eu, Taxi Deutschland, Cab4me oder Taxi.de herunterzuladen. Immer wieder kam auch der Appell auf, dass man die eigene Qualität verbessern müsse. Daran flächendeckend zu arbeiten, ist aber ein deutlich mühsamerer Weg, als sich einfach nur einer Uber-App anzuschließen, wie es auch in dieser Runde von einem Taxiunternehmer vorgeschlagen wurde (der sogar bei der Neu-Ulmer Taxizentrale eine Führungsposition hat).
Diesem Kollegen redeten einige ins Gewissen. Sie versuchten, ihm klarzumachen, dass die Option „Uber-Taxi“ innerhalb der Uber-App erst ganz unten als letzte Option angeboten wird, er dadurch also auch nicht mit Zusatzaufträgen rechnen könne. Ob sie damit bei dem Unternehmer durchgedrungen sind? jh
Kurzkommentar: Es war eine denkwürdige und alarmierende Veranstaltung. Denkwürdig deshalb, weil klar wurde, dass die Taxiunternehmer kein Vertrauen in die eigene Taxizentrale und deren Apps haben. Alarmierend, weil auch den Zentralenvertretern der Glaube an die eigene App und die dahinter liegenden technischen Möglichkeiten fehlt. Und weil in Summe dieser Skepsis von Seiten des Verbands nur wenig Hoffnung verbreitet wurde, dass diese Branche gegen Uber & Co. erfolgversprechend ankommen könnte. So war das Credo lediglich, dass man mit kleinen Scharmützeln einen kurzzeitig aufschiebenden Erfolg von Uber und Bolt verhindern kann. Einen Ruck und eine Aufbruchstimmung, dass man sich selbst aus der tiefen Krise befreien könnte, konnte dieses Treffen nicht vermitteln. Schade.
Beitragsfoto: Taxi Times









Das hier gegebene Stimmungsbild unserer Branche wird UberBolt&Co sicher freuen. Unklare Ziele, innere Zerstrittenheit, depressive Haltung, Mutlosigkeit, Planlosigkeit, Führungslosigkeit. Und viel zu lange still sein, nicht öffentlich aussprechen, was die Probleme innerhalb unserer Zunft sind.
So wünschen sich uns die Zerstörer der kleingewerblichen lokal verwurzelten Strukturen unseres Gewerbes. Es gibt den alten Spruch, daß es leichter sei einen Sack Flöhe zu hüten als zwei Taxler unter einen Hut zu bringen.
Die benannten Plattformen und vergleichbare Konzerne haben Strategie, gefühllosen Durchhaltewillen, Geld und Juristen. Sie passen sich höchst flexibel blitzschnell an und nutzen jede Schwäche aus. Auch scheinlegal. Und illegal.
Verehrte Kolleg-innen! Es muß JETZT, schon fast zu spät, es muß JETZT der einheitliche gemeinsame Auftritt in der Öffentlichkeit her. Wer glaubt, er könne globale Konzerne ‚erziehen‘ zu vertragstreuen Partnern, vielleicht sogar deren Technik übernehmen, oder in eigene Zentralen integrieren, den halte ich für einen Träumer oder Schlafwandler.
Unsere Konkurrenz ist respektlos und brutal. Wer hier nicht gegenhält, eine gemeinsame Position einnimmt, wird untergehen. Plattformen können nicht, was wir mit unseren lokalen Wurzeln, mit unseren Zentralen können.
Oder habt ihr alle schon aufgegeben? Jetzt, wo endlich einige Erfolge zu erkennen sind?
Ich musste schon lachen, als ich die gute Idee las, dass jeder Taxifahrer pro Tag selber drei Fahrgäste von seiner App überzeugen solle. In Wirklichkeit wäre das tatsächlich ein kostenloser Quantensprung. Diese Idee haben wir hier auch vorgestellt. Hier sagten die Fahrer dass unsere App große Scheiße sei. Natürlich stellte sich bei Nachfrage heraus, dass sie die App weder selbst installiert und probiert hatten, noch irgendwelche Funktionen dieser kannten. Aber, deren Armaturenbrett war voll von fremden Driver-Vermittlungs-Apps.
Mal eben so nebenbei.
Wieso wird. Hier über den „Wert“ einer Konzession berichtet?
Konzessionen dürfen nicht verkauft werden !
Zur Klarstellung: Taxikonzessionen dürfen von einem Inhaber auf einen anderen übertragen werden, wenn der Neubesitzer die subjektiven Voraussetzungen erfüllt. Welche Summe der Neubesitzer dem Altbesitzer dafür bezahlt, ist dann eine private Vereinbarung.
Wir möchten uns ausdrücklich beim Landesverband Bayerischer Taxi- und Mietwagenunternehmer für sein Engagement und den Einsatz bedanken auch wenn der Verband formell nicht für unser Gebiet zuständig ist. Der Einsatz über die Landesgrenzen hinaus zeigt, dass die Herausforderungen, vor denen unsere Branche steht, keine regionalen Grenzen kennen.
Gleichzeitig bedauern wir, dass in der Berichterstattung ein so negatives Stimmungsbild entstanden ist. Wir selbst empfinden die aktuelle Situation nicht als Grund zur Resignation, sondern vielmehr als Weckruf zu einem notwendigen Umdenken in der gesamten Branche. Oft sind es gerade die schwierigen und unbequemen Entwicklungen, die neues Bewusstsein schaffen und eine Aufbruchstimmung auslösen.
Wir sehen in den aktuellen Veränderungen die Chance, unsere Strukturen, unsere Kommunikation und insbesondere unsere digitalen Angebote zu stärken mit dem klaren Ziel, das Taxigewerbe in Ulm und Neu-Ulm zukunftsfähig zu gestalten.