Beim Zukunftskongress „Taxi Driving Innovation“ beschäftigten sich Experten unter anderem mit der Frage, wie man Zukunft auf die Straße bringen kann und so den Balanceakt einer urbanen Mobilität zwischen Gemeinwohl und Börse vollzieht. Die Lösungsansätze drehten sich um alternative Antriebe und Mobilitätsplattformen, in denen der ÖPNV und damit auch das Taxi integriert ist.
Vor allen werden Metropolen zur Spielwiese immer neuer Mobilitätsangebote. Von daher ist es wichtig, dass die Taxibranche gerade dort neue Ansätze präsentiert. Gregor Beiner bekundete: „Mobilitätswende ist machbar“. Er ist Geschäftsführer des mtz Münchner Taxi Zentrum und betreibt dort seit 2011 eine rein eco-zertifizierte Flotte mit über 80 Hybrid- und Erdgasfahrzeugen, seit Juli 2018 erweitert um zehn rein elektrisch betriebene Fahrzeuge.
Die (umwelt-)politisch geforderte Verkehrswende geht nur mit Taxi, schon wegen der hohen Kilometerleistung. Beiner führt aus, dass deutsche Taxis im Jahr 2018 knapp drei Milliarden Besetztkilometer zurückgelegt haben. Diese Vielzahl an Kilometern stelle die hohe Verantwortung heraus, welche die Taxibranche ökologisch zu erfüllen habe. Daher wollte man auch nicht länger abwarten, sondern habe sich aktiv mit einem Autohersteller an einen Tisch gesetzt und gemeinsam die Anforderungen an ein alltagstaugliches E-Taxi definiert. Von diesem Hersteller (Jaguar) habe man dann zehn Fahrzeuge abgenommen und der Hersteller hat wiederum ein klares Statement abgegeben: „Unser erstes E-Fahrzeug ist ein Taxi“.
Beiners Unternehmen lebt die Verkehrswende mit seinen umweltfreundlichen Taxis und die Bestellung der E-Taxis ist auch längst in die Taxi-Apps integriert. Die Bilanz ist positiv. Seit Einführung am 25. Juli 2018 wurden 700.000 Kilometer zurückgelegt. „Das ist ein klarer Beleg dafür, dass E-Mobilität machbar ist“, sagte Beiner. Gemeinsam mit den Hybrid-Fahrzeugen konnte man den CO2-Ausstoß während der letzten Jahre um 60 Prozent reduzieren.
Man habe bereits 60.000 Kunden befördert und jede Beförderung war letztlich eine Testfahrt, mit der E-Mobilität auch in die Gesellschaft weitergereicht werde – auch deshalb, weil Beiners Fahrer Experten und Propagandisten der neuen Mobilität sind. „Unsere Fahrer beantworten tagtäglich unzählige Fragen zur E-Mobilität.“ Dieser Betrieb ist auch für die Fahrer attraktiv.
Die Stadt München unterstützt das durch eine Förderung, bei der bis zu 40 Prozent des Anschaffungspreises dann zurückgezahlt werden, wenn das E-Taxi seinen Einsatzzweck erfüllt. Soll heißen: Pro gefahrenen Besetztkilometer bekommt der Taxiunternehmer 20 Cent erstattet.
Parallel dazu war es aber auch nötig, im Bereich der Ladeinfrastruktur geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen. Auch hier habe sein Unternehmen proaktiv gehandelt, berichtet Beiner. „Wir wollten nicht warten, bis die Straßen endlich mit genügend öffentlichen Ladesäulen bestückt sind. Deshalb haben wir uns entschieden, ein innerstädtisch vorhandenes Parkhaus neu zu denken.“ Dort entstand ein E-Mobilitätshub mit vier Schnellladesäulen. Damit schaffe man die Möglichkeit „für jeden und zu jeder Zeit ein E-Fahrzeug innerhalb kürzester Zeit wieder auf die Straße zu bringen“, sagt Beiner, was deren Performance näher an Verbrenner bringt.
Beiner hält dieses E-Hub-Konzept auch für eine bundesweite Ausdehnung geeignet, mahnt aber auch ein intelligentes Netzwerk an, denn tausend Verbrenner durch tausend E-Autos zu ersetzen, würde alleine nicht helfen, wenn diese genauso wie bisher 160 Stunden im Münchner Stau stehen.
Die Zukunft auf die Straße zu bringen bedeutet auch, sich mit den Plänen und Aufgaben des ÖPNV auseinanderzusetzen. Als zweite Referentin war daher beim Zukunftskongress Dr..Sigrid Nikutta, die Vorstandsvorsitzende der Berliner Verkehrsgesellschaft BVG eingeladen. Sie äußerte sich zu den Verkehrsvorhaben in Berlin. E-Scooter auf den Busspuren lehnt sie ab. Der ÖPNV sollte so dicht getaktet sein, dass sich keiner mehr einen Fahrplan merken muss. Das wäre gut, aber teuer. Nutzer sind bereit, ein gutes Angebot auch angemessen zu bezahlen. Teurere Fahrscheine führen nicht unbedingt zu weniger Nutzern.
Mit dem Experiment „Berlkönig“ will die BVG an dem aufblühenden Markt neuer Mobilitätsangebote teilhaben und Erfahrungen sammeln. Sein Einsatz in der Innenstadt diente der ersten Erprobung. „Es ist gut, wenn der öffentliche Nahverkehr um ein Sharing-Angebot ergänzt wird, dann aber flächendeckend und in keinster Weise nur in der Innenstadt“, sagt Frau Nikutta.Der ÖPNV benötige den Dreiklang: Die großen Gefäße (Busse, U- und S-Bahn), ein Sharing-Angebot und das Taxi für die individuellen Fahrten. Den Berlkönig sieht Frau Nikotta als Ergänzung im gesamten Berliner Stadtgebiet. Am Stadtrand wird jetzt ein Berlkönig BC. Dabei wird auch die Taxibranche integriert, wenn auch mit „Fesseln“, die einen Einsatz der Shuttlefahrzeuge ergänzend zum Taxibetrieb unmöglich machen.
Ein zweiter Ansatz der BVG ist die Mobilitäts-App Jelbi. Sie ist nicht nur eine Computer-Plattform, sondern beinhaltet auch physische Standorte, sogenannte Hubs. Mit Jelbi kann man nach einmaliger Anmeldung verschiedene Angebote buchen und bezahlen – ein wichtiger Schritt zur integrierten Mobilität. Taxi Berlin wird sich bald anschließen.
Als dritter Experte erwies sich Michael Müller-Görnert, Verkehrspolitischer Sprecher des ökologischen Verkehrsclubs VCD. Er zitierte aus einer Studie seines Vereins, wonach E-Autos nach TCO (Total Cost of Ownership, Gesamtkosten über die Lebensdauer) günstiger und umweltfreundlicher sind als andere.
Rechtsanwalt Herwig Kollar, Mitglied des erweiterten Vorstands des Bundesverbands Taxi, prangerte an, dass Verkehr und seine Auswirkungen von Politikern zu technisch diskutiert werden. Man müsse das Augenmerk auf die Auswirkungen richten, die durch den Markteintritt neuer Anbieter entstehen – sowohl auf die Verkehrspolitik als auch auf das gesellschaftliche Gefüge insgesamt.
Taxiverkehr sei Kommunalverkehr, der vom Gewerbe in Eigenanstrengung inklusive Infrastruktur für alle, nicht nur für Smartphone-Besitzer, zur Verfügung gestellt wird, analysiert Kollar. Diese meist in genossenschaftlichen Strukturen organisierte Infrastruktur koste die Gemeinde keinen Cent. „Die Politik muss überlegen, ob sie solche Strukturen tatsächlich zerstört“. jh
Hinweis in eigener Sache: Taxi Times hat die in diesem Beitrag zusammengefassten Vorträge und Diskussionsrunden in voller Länge gefilmt. Sie können über unseren YouTube-Kanal abgerufen werden.