Taxis und Mietwagen müssen in einem fairen Wettbewerb zueinander stehen. Um das zu erreichen, müssen örtliche Genehmigungsbehörden auch Mindesttarife für Mietwagen festlegen. Zu diesem Ergebnis kommt ein heute vorgestelltes Gutachten der Düsseldorfer Kanzlei Kleiner.
Seit am 1. August 2021 das „Gesetz zur Modernisierung des Personenbeförderungsrechts“, die so genannte PBefG-Novelle, in Kraft getreten ist, können Genehmigungsbehörden zum Schutz der öffentlichen Verkehrsinteressen für den Verkehr von Mietwagen, der in ihrem Bezirk betrieben wird, tarifbezogene Regelungen, insbesondere Mindestbeförderungsentgelte, festlegen. Geregelt ist dies im neu geschaffenen Paragraphen 51a des Personenbeförderungsgesetztes (PBefG).
Eine solche Festlegung wurde bisher allerdings nur vom Landkreis Lörrach im Zuge einer Allgemeinverfügung bzw. von der Stadt Leipzig auf Basis einer Verwaltungsverfügung erlassen.
Alle anderen Genehmigungsbehörden sind sich dagegen noch nicht sicher, ob und wie eine solche Regelung rechtssicher durchzuführen ist. Zum Zögern beigetragen hat ein Gutachten der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer vom Dezember 2022. Es war im Auftrag des Fahrdienstanbieters Uber erstellt worden. Die Gutachter vertraten unter anderem die Auffassung, dass die Festlegung von Mindesttarifen für Mietwagen gegen Paragraph 12 des Grundgesetzes verstoße (Ausübung der Berufsfreiheit). Zudem war davon die Rede, dass der Mindesttarif für Mietwagen deutlich unter dem Taxitarif angesetzt sein müsse, und dass erst eine Flexibilisierung des Taxitarifs erfolgen müsse, bevor Mindestentgelte für Mietwagen erlassen werden. Selbst ein angeblicher Widerspruch zu einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs wurde aufgeführt.
All das verstärkte die Unsicherheit bei den Genehmigungsbehörden, einen Mindesttarif für Mietwagen festzulegen. Das Taxigewerbe konterte diese Auslegungen mit eigenen Gutachten: Der Bundesverband Taxi und Mietwagen e. V. (BVTM) hatte dafür bei der Stuttgarter Anwaltskanzlei Zuck ein Gutachten in Auftrag gegeben. Es wurde Anfang April fertiggestellt und steht seitdem den Verbandsmitgliedern zur Weitergabe an die Genehmigungsbehörden zur Verfügung (Taxi Times berichtete).
Seit dieser Woche nun liegt auch das Gutachten der Kanzlei Kleiner aus Düsseldorf vor, verfasst vom Rechtsanwalt Dr. Lars Maritzen. Initiiert wurde das Gutachten von der Düsseldorfer zentrale Rhein-Taxi, an der Finanzierung hatten sich zahlreiche weitere Taxizentralen und Verbände beteiligt.
Ähnlich wie bereits das Zuck-Gutachten spricht sich auch das Kleiner-Gutachten ganz eindeutig dafür aus, dass Genehmigungsbehörden bedenkenlos Mindesttarife für Mietwagen nach § 51a PBefG festsetzen können. Mobilitätsexperte Maritzen geht davon aus, dass dies behördlicherseits sogar vorgenommen werden muss. „Gerade in Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern steht der Genehmigungsbehörde bzgl. des „Ob“ des Handels kein Ermessen zu“, schreibt der Anwalt. Begründet wird dies unter anderem mit der vom Bundesverfassungsgericht bestätigten Tatsache, dass Genehmigungsbehörden gegenüber dem Taxi eine besondere Schutzpflicht haben, „die sich aus der abstrakten erhöhten Gefahr eines ruinösen Wettbewerbs ergibt.“
Parallel dazu sei die Schwelle für die Genehmigungsbehörde niedrig, ein Mindestbeförderungsentgelt gemäß § 51a Abs. 1 PBefG einzuführen. Es sei lediglich erforderlich, dass die öffentlichen Verkehrsinteressen die Einführung des Mindestbeförderungsentgeltes erforderlich machen. Die Voraussetzung liege in Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern vor.
Da zudem zu Gunsten der Genehmigungsbehörde ein gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum besteht, müsse die Behörde ausgehend von der heutigen Situation eine Prognoseentscheidung treffen.
Bei der Frage nach der Art der Umsetzung positioniert sich das Kleiner-Gutachten eindeutig in Richtung einer Allgemeinverfügung. Es geht abschließend darauf ein, wie ein Mindestbeförderungsentgelt einzuführen wäre und welche Stellschrauben bei der Festlegung des Mindestbeförderungsentgeltes anzusetzen sind. Dazu zählt beispielsweise, dass ein Mindestentgelt für Mietwagenfahrten ausschließlich innerhalb des Pflichtfahrgebiets der Gemeinde gilt, dafür aber für alle Mietwagenbetriebe – unabhängig von ihrem Betriebssitz.
Selbst eine Vorbestellfrist, wie sie aktuell in Nürnberg angedacht ist, könnte in die Allgemeinverfügung aufgenommen werden. Das würde dann bedeuten, dass das Mindestbeförderungsentgelt nur dann gilt, wenn ein bestimmter – zu definierender – Zeitraum der Vorbestellung nicht überschritten wird. Anders ausgedrückt: Wenn der Mietwagen sehr früh im Voraus bestellt wird, gilt in diesem Fall das Mindestbeförderungsentgelt nicht.
Besonders wertvoll aus Taxisicht wird das Kleiner-Gutachten durch die Tatsache, dass darin zahlreiche Behauptungen aus dem Freshfields-Gutachten bewertet werden. Allein elfmal werden Freshfields-Thesen widerlegt, beispielsweise die Irrelevanz des EuGH-Urteils vom 8. September 2022 auf eine mögliche Festlegung von Mindesttarifen. jh
Anmerkung der Redaktion: Man darf gespannt sein, ob sowohl das Zuck- als auch das Kleiner-Gutachten die Genehmigungsbehörden endlich zum raschen Handeln ermutigt. Vor allen Dingen in jenen Städten, in denen Uber, Bolt und Free Now dem Taxigewerbe schon seit Jahren massive Schäden zufügen, darf es jetzt kein Zögern mehr geben.
Beitragsbild: Foto und Collage Axel Rühle
Wir stellen in Düsseldorf fest, dass es kaum eine Veränderung des Bestellverhaltens gibt, wenn die Uber-Tarife deutlich höher sind, als die des Taxis. Leider glaube ich deshalb nicht mehr daran, dass das eine dauerhaft hilfreiche Lösung zu Gunsten des Taxis ist. Das Narrativ, dass Uber und Co. innovativ sein soll, wirkt um ein Vielfaches mehr, als der Preis. Zudem muss das Taxi weiterhin mehr Anstrengungen im Verhalten seiner Fahrer:innen unternehmen, die bei den noch vorhandenen Kunden die Überzeugung auslösen, dass das Taxi qualitativ gut und seine Erhaltung wertvoll/wichtig ist.
Ich denke, dass hier die (faktisch unrichtige) Werbeaussage „UBER ist billiger als Taxi“ gut verfangen hat.
Auch wenn am Wochenende, unterstützt von Feierlaune, Müdigkeit und Alkohol, nicht mehr verglichen wird, ob nun ein Taxi günstiger wäre. Zudem man eh nur eine Fahrdienstleister-App auf dem Handy hat. „UBER ist cool“.
Das dürfte der Grund sein, dass man tatsächlich bereit ist, bis zum Doppelten des Taxipreises für eine Strecke zu zahlen.
Und würde die Rückkehrpflicht besser geahndet, wäre UBER nicht mehr so cool „weil man immer so lange auf die warten muss“. Aber irgendwie bewegt sich da kaum was bei den Ordnungsbehörden.
Ich gebe den Vorrednern absolut recht – es ist einfach cool und trendy mit einem schwarzen Wagen vorzufahren. Das ist mit ein „Problem“ weil das Taxi als old-school und nicht hip gilt und ja es wird suggeriert dass Uber günstiger ist. Der Vorteil dass man vor Fahrtbeginn genau weiss was es kostet ist einfach ein (momentan) unschlagbarer Vorteil gegenüber dem Taxi…egal ob Umweg oder Stau….der Preis ist fix. Beim Taxi wird zwar fairer bezahlt aber dem Kunden ist das im Zweifelsfall egal…und jeder Umweg oder Zeitverzug kostet den Kunden eben mehr. Allerdings sind die Ordnungshüter hier gefragt da von ihrer Seite ein System gebilligt ja sogar unterstützt wird – Rückkehrpflicht mit einer App gestützten Auftragsvergabe kann einfach nicht kontrolliert werden und wird auch nicht eingehalten.
PBefG § 49 Abs. 4 Satz 5 „Annahme, Vermittlung und Ausführung von Beförderungsaufträgen, das Bereithalten des Mietwagens sowie Werbung für Mietwagenverkehr dürfen weder allein noch in ihrer Verbindung geeignet sein, zur Verwechslung mit dem Taxenverkehr oder dem gebündelten Bedarfsverkehr zu führen“… steht doch alles noch drin, auch nach der „Reform“, interessiert nur irgendwie keinen?
Wenn wir mal unterstellen, dass mit „Verwechslung“ sowas wie sehr nahe Ähnlichkeiten (Annahme, Vermittlung und Ausführung…) gemeint sind, reicht dieser Satz doch alleine, dass Uber, Bolt, Freenow (es gibt wahrscheinlch noch mehr?) ihr Geschäft nicht so ausüben dürften, wie sie es tun und es somit keine Konzessionen erhalten dürften?
Mindesttarife, Vorbestellfrist und was man sich noch so ausdenken kann, scheinen mir eine Art Notlösung, willkommen, aber mit ungewissem Ausgang zu sein, weil eben entgegen des PBefG diese Konzessionen überhaupt erst erlassen wurden, die es gar nicht geben dürfte…
Habe ich da irgendwo einen Denkfehler?
By the way, in Berlin sichtet man unter anderen jetzt auch Leipziger Mietwagen bei der „Arbeit“ und es gibt natürlich Mutmaßungen, dass das dem Leipziger Mindesttarif geschludet ist…