Die letzte Woche veröffentlichten Teilnahmebedingungen für die turnusmäßige Neuvergabe der 300 Ladeberechtigungen für Berliner Taxis am Flughafen BER sehen auch eine Verpflichtung zur Bereithaltung am BER vor (80-Prozent-Regel). Die Taxibranche ist deshalb ziemlich wütend auf die Senatsverwaltung, dabei ist der eigentliche Übeltäter ein Landrat.
Der Flughafen Berlin-Brandenburg in Schönefeld bei Berlin hat nicht nur mit seinen Bauskandalen für Spott gesorgt. Auch das Berliner Taxigewerbe hat im Bezug auf den BER und seinen Vorgänger SXF eine lange Leidensgeschichte hinter sich, die seit letzter Woche ein neues Kapitel hat. Die Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz (SenUVK) hat die Bedingungen für die diesjährige Neuauslosung bekanntgegeben, nach denen die BER-Plaketten vergeben werden.
Eine der Bedingungen stößt dabei auf völliges Unverständnis innerhalb der Branche: Mit der Abgabe der Bewerbung verpflichten Unternehmer ihre Fahrer, sich im Fall der Erteilung einer BER-Berechtigung in mindestens vier von fünf Schichten mindestens einmal am Flughafen bereitzuhalten. Tituliert haben wir diese Bedingung in unserer Meldung als „80-Prozent-Regel“. Zur Kontrolle müssen sie der Übermittlung der entsprechenden Daten von der Firma Apcoa, die die Park- und Ladeinfrastruktur am Flughafen betreibt, an das LABO zustimmen. Taxis, die in weniger als 80 Prozent aller gefahrenen Schichten die Schranke am Flughafen passieren, können die Berechtigung wieder verlieren.
Boto Töpfer, Erster Vorsitzender des Taxiverbandes Berlin, Brandenburg e. V. (TVB), kommentiert dies gegenüber Taxi Times sehr kritisch: „Die geplante Regelung, dass Berliner Taxen künftig in vier von fünf Schichten einmal leer zum Flughafen fahren müssen, mutet schon etwas satirisch an. Sollen Bewerber auf die blaue Plakette damit abgeschreckt werden? Eine sinnvolle Regelung würde so aussehen, dass alle Berliner Taxis in Schönefeld laden dürfen, so dass nur wenige leer hinfahren und eben immer die 100, 200 Kollegen sich am BER bereithalten, die da ausgeladen haben. Bei 300 kann die Schranke meinetwegen unten bleiben. Die rot-rot-grüne Koalition und insbesondere die grün geführte Verkehrsverwaltung predigen permanent Klimaschutz um jeden Preis, zwingen aber Taxifahrer mit dieser Regelung zu massenhaften Leerfahrten und erreichen so das genaue Gegenteil von Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Abgesehen davon werden die Taxis weiterhin nicht ausreichen, um den Flughafen zuverlässig zu bedienen.“
Was aber treibt eine grün-geführte Senatsverwaltung dazu, solch eine klimafeindliche Regelung zu treffen? Um das zu verstehen, muss man gut ein Jahr zurückblicken: Die SenUVK hatte im vergangenen Herbst in letzter Minute (und ohne die Taxiverbände einzubeziehen) mit dem Landkreis Dahme-Spreewald (LDS) eine Vereinbarung ausgehandelt, nach der je 300 Taxis aus Berlin und dem LDS (zusammen 600) eine Ladeberechtigung am Flughafen erhalten, was bei Bedarf auf bis zu je 550 Taxis (zusammen 1.100) erhöht werden soll. Das bedeutet, dass 98 Prozent aller Taxis des dünn besiedelten LDS am Flughafen laden dürfen, während es – nach damaligem Stand – immer nur vier Prozent aller Berliner Taxis sind. Die restlichen 96 Prozent müssen stets leer vom Flughafen nach Berlin zurückfahren, was einhellig als ökologisch und ökonomisch unsinnig kritisiert wird. Entsprechend empört fielen die Reaktionen im Gewerbe und die Debatte im Berliner Abgeordnetenhaus aus.
Das Verhandlungsergebnis ist aber zum großen Teil der ungünstigen Berliner Verhandlungsposition geschuldet, da der Flughafen im LDS liegt und der dortige Landrat Stephan Loge offenbar keinen Grund sah, der Berliner Seite mehr Zugeständnisse zu machen, wenngleich die gut 300 im LDS konzessionierten Taxis den Flughafen nicht alleine bedienen könnten.
Doch auch die aktuell zugelassenen 600 Taxis reichen nicht aus. Seit die Zahl der Landungen nach den Corona-Beschränkungen wieder steigt, herrscht am BER chronischer Taximangel. Durchschnittlich stehen nur 25-30 Taxis am BER bereit, die sind nach der Landung einer Maschine schnell weg. Das ist zum Bedauern der Taxibranche mittlerweile auch medial ein großes Thema. „Für das Image unserer Hauptstadt-Region Berlin-Brandenburg ist das eine absolute Katastrophe“, wird Hermann Waldner, Geschäftsführer von Taxi Berlin, in einem Bericht der Berliner Zeitung zitiert. „Kein Wunder, dass viele Gäste sagen: Erst kriegen sie den Flughafen über Jahre nicht fertig gebaut, nun gibt es dort nicht genug Taxis.“
Auch Waldner hält nicht viel von der 80-Prozent-Regel: „Die Taxibetreiber sollen gezwungen werden, zum neuen Flughafen zu fahren – das ist nicht akzeptabel“. Ins selbe Horn stößt in der Berliner Zeitung Leszek Nadolski von der Innung des Berliner Taxigewerbes e. V.: Was das Landesamt hier dekretiere, sei nicht mehr und nicht weniger als ein Eingriff in die unternehmerische Freiheit. „Taxibetriebe haben zwar eine Betriebspflicht, aber keine Behörde kann einem Betrieb im Pflichtfahrgebiet vorschreiben, dass ein bestimmter Halteplatz angefahren werden muss. Wie sollen die Unternehmer bei einer Betriebsprüfung ihre ungewöhnlichen Leerkilometer begründen, oder zahlt das LABO dem Finanzamt die Differenz?“
Es geht also bei dieser Verweigerungshaltung um den wirtschaftlichen Aspekt. Die Fahrt nach Schönefeld, die aus dem Westen und Norden Berlins ziemlich lange dauern kann, lohne sich nur, wenn man auch auf dem Weg zum Flughafen zahlende Kundschaft im Wagen hat. „Einfach so leer zum BER fahren – das macht niemand“, so ein Fahrer gegenüber der Berliner Zeitung. Hermann Waldner sieht es ebenso kritisch: „Falls man nicht mindestens drei- bis viertausend Taxis zum Flughafenservice zulässt, wird man den Flughafen BER niemals befriedigend bedienen können. Jedes Taxi, welches einen Fluggast aus der Stadt hinaus zum Flughafen bringt, muss auch wieder einen zurückkehrenden Fluggast nach Berlin bringen, sonst geht diese Rechnung doch nicht auf.“
Boto Töpfer sieht deshalb dringenden Nachverhandlungsbedarf – sowohl zur Anzahl der Ladeberechtigungen als auch zur Vereinheitlichung der Taxitarife von Berlin und dem LDS. Nadolski sieht das genau so: „Alle Berliner Taxis sollten eine Ladeberechtigung erhalten und dafür alle LDS-Taxis überall in Berlin Fahrgäste aufnehmen können“, zitiert die Berliner Zeitung. „Wenn statt maximal 600 mehrere tausend Taxis am Flughafen Fahrgäste aufnehmen dürften, gäbe es unterm Strich genug Wagen – und der Hauptstadt-Region bliebe die jetzige Blamage erspart.“
Doch all diese Forderungen werden weiterhin ungehört verhallen, solange der zuständige LDS-Landrat Loge das tatsächliche Ausmaß seines regionalen Protektionismus weiterhin ignoriert. Waldner drängt deshalb darauf, dass sich Guido Beermann, der Verkehrsminister von Brandenburg, einschaltet. „Er sollte dringend mit LDS-Landrat Stephan Loge sprechen. Es besteht auch die rechtliche Möglichkeit, dass er das Thema ganz an sich zieht.“ ar/jh
Beitragsfoto: Foto: Axel Rühle
Den Vorschlag LDSer uneingeschränkt in Berlin befördern zu lassen, nur damit man stundenlang als Berliner dort auf Fahrgäste warten darf ist absurd.
Die Konzessionszahlen dort würden nach oben schnellen, und wir verlieren hier dann automatisch ca. 5 bis 10% vom Umsatz.
Sollen sie doch zusehen , wie sie ohne uns klar kommen !!!
Ist wirklich unglaublich ! Wo wohnen denn die ganzen LDS Kutscher?! Das ist doch bekannt. Dann starten die von zuhause und müssen nicht erst zum BER, wie wir Trottel aus Berlin, mit Konzession und Pflicht zu 80 % Anfahrt!
Die schielen auf die Steuereinnahmen und dabei vergessen sie gern blauäugig, dass Berlin seinen stärksten Wirtschaftsmotor nämlich den Flughafen dem Landkreis weitergegeben hat und Dank Fulghafen floriert die Wirtschaft in diesem Region sprich Tesla, Hotels und Andere. Und die Senatorin ist nicht in der Lage, dies zu vermitteln.