Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) hat Anfang September seine neue Liste umweltverträglicher Autos vorgestellt. Mit 34 Pkw ist sie recht kurz. Darin steckt eine politische Absicht.
Die Kürze der VCD-Auto-Umweltliste umweltfreundlicher Pkw erklärt sich aus den Aufnahmekriterien: CO2-Ausstoß unter 150g/km, kein Diesel (wegen der real hohen NOx-Werte), kein Benzin-Direkteinspritzer ohne Partikelfilter (wegen der Feinstaubpartikel), geringe Fahrgeräusche. Damit sind schon mal fast alle gegenwärtig produzierten Autos ausgeschlossen. Hinzu kommt, dass reale Messwerte von der Straße zugrunde gelegt werden, die von vielen Herstellern nicht preisgegeben werden, falls sie überhaupt vorliegen.
So kommt es, dass es nur sechs Benzin-Elektro-Hybride, fünf Erdgas-Pkw, 13 Benziner und zehn Elektroautos auf die Liste geschafft haben. Die Hybriden sind alle von Toyota bzw. Lexus. Die CNG-Autos sind die kleinen Modelle von VW und Audi. Der VW Caddy steht nicht drauf. Ihm ist sein Status als Nutzfahrzeug zum Verhängnis geworden. Der VCD beschäftigt sich nur mit Pkw. Skoda hat keine Straßenmesswerte preisgegeben. Deshalb wird der CNG Octavia nicht erwähnt.
Die Benziner sind allesamt Kleinwagen von PSA (Citroën, Peugeot), Renault, Toyota und der VW up! als einziges deutsches Produkt. Die erwähnten E-Autos sind ebenfalls klein bis maximal Golf-Format. Tesla passt dem VCD nicht ins Umweltkonzept und steht auch nicht auf der Liste.
Alles in allem propagiert der VCD kleine Autos mit geringem Verbrauch und/oder alternativem Antrieb und macht sich damit zum radikalen Verfechter einer schnellen Verkehrswende. Das kommt nicht nur in der geringen Anzahl empfohlener Autos zum Ausdruck, sondern auch in den begleitenden Statements seines Vorstands. Die Autoindustrie – allen voran die deutsche – und die deutsche Politik werden heftig angegriffen. Die Industrie mogelt sich um zu lasche Grenzwerte herum, täuscht die Verbraucher, baut Verbesserungen, die sofort ohne große Kosten möglich wären, beharrlich nicht ein, verkauft immer noch Autos, die vielleicht schon bald nicht mehr überall fahren dürfen usw. – und die Politik lässt das alles zu und unternimmt nichts Wirksames für eine schnelle Verbesserung.
Der VCD fordert vehement die Blaue Plakette. Er geht davon aus, dass die gerichtlich verfügten Fahrverbote wirksam werden, die sich ohne Blaue Plakette gar nicht überprüfen ließen. Das alles klingt wie eine neue Umweltpartei. Passt das zu einer Verbraucher-Lobby im Verkehr? Was wäre, wenn eine Blaue Plakette mit klimawirksamen, also strengen Grenzwerten über Nacht fast alle aktuell betriebenen Diesel vom Verkehr in Innenstädten ausschlösse?
Die Wirklichkeit sieht anders aus. Auf den Straßen sehen wir zunehmend große, schwere, PS-starke Pkw mit hohem Real-Verbrauch. Was da hinten rauskommt, ist den Leuten offenkundig egal. Die einzige Angst der Besitzer besteht darin, dass sie damit nicht mehr überall fahren dürfen.
Die aktuelle VCD-Auto-Umweltliste ist ein politisches Statement. Als praktische Empfehlung für den Autokauf hier und heute ist sie wenig hilfreich, weil unvollständig. Man kann natürlich vom Kauf eines durchaus umweltfreundlichen und listenwürdigen Autos absehen, weil der Hersteller seine Daten nicht herausgerückt hat. Der Umwelt hilft das nicht. Für Gewerbetreibende wie uns bringt die Liste keine Orientierung. Dass kleine Autos umweltfreundlicher sind als große, haben wir schon vorher gewusst. Nur kann man mit einem up! kein Taxi betreiben.
Anlasten kann man dem VCD die Unzulänglichkeit seiner Liste nicht. Er hat keine eigenen Mittel, die von einigen Herstellern vorenthaltenen Verbrauchswerte selbst zu messen. Auch die sehr formelle Beschränkung auf Pkw muss man hinnehmen. Der VCD ist eine Verbraucherorganisation für Privatleute.
Immerhin empfiehlt der VCD, in den kommenden zwei Jahren nach Möglichkeit überhaupt kein neues Auto zu kaufen. Solange dürfen noch Autos mit Verbrauchsangeben nach dem alten NEFZ-Verfahren verkauft werden, die uns die Misere mit unrealistischen Zahlen eingebrockt haben. Erst nach dieser Übergangsfrist ist ein neues Prüfverfahren für Neuwagen vorgeschrieben. Das neue Verfahren namens „Worldwide harmonized Light Vehicle Test Procedures“ (WLTP) wird wieder nur auf dem Rollenprüfstand gefahren, soll aber näher an einer realistischen Autofahrt liegen. Der VCD bemängelt schon jetzt, dass auch die WLTP-Tests wieder viele Manipulationsmöglichkeiten bieten.
Autokauf ist und bleibt auf absehbare Zeit riskant. Wer jetzt eins von seinen Listenautos kauft, ist vor Fahrverboten relativ sicher, sagt der VCD. Dem Taxiunternehmer nützt das wenig. Von den Listenautos ist nur der Toyota Prius+ wirklich gut geeignet. Andere umweltfreundliche und geeignete Modelle ohne das Risiko von baldigen Fahrverboten müssen wir uns selbst suchen. Der aktuelle Mercedes E 220d hätte es übrigens fast auf die VCD-Liste geschafft. Leider verbraucht er auf der Straße insgesamt zu viel. wh
Hinweis in eigener Sache: Diese Meldung können Sie auch in unserer Taxi Times-App nachlesen. Jetzt kostenlos runterladen.