Bevor die Europäische Taximesse ihre Tore im November in Köln öffnen wird, bot der westfälische Verband VSPV am letzten Aprilsamstag im Zuge seines Westfälischen Taxi- und Mietwagentags 2024 mit einer kleinen Taximesse schon mal einen appetitanregenden Vorgeschmack. Neben neuen Informationen zum Thema TSE gab es viele weitere spannende Vorträge, Präsentationen und Aussteller (Taxi Times berichtete), denen mehr oder weniger engagierte Grußworte der nordrhein-westfälischen Landespolitik einen würdigen Rahmen gaben.
Der zuständige Verkehrsminister Oliver Krischer von den Grünen ging in seiner Videobotschaft unter anderem auf eine aktuelle Entbürokratisierungsforderung aus dem Gewerbe ein, die eine Harmonisierung der derzeit kommunal sehr unterschiedlich ausgestalteten Taxitarifordnungen fordert, der er jedoch eher eine Absage erteilte. Er gehe davon aus, dass die einzelnen Kommunen sich durchaus etwas dabei gedacht hätten, wenn sie teilweise sehr unterschiedliche Regelungen in ihren lokalen Tarifordnungen hinterlegt hätten, deren Weisheit er nur ungern über Bord werfen wolle. Gleichzeitig übernahm er zwar die Verantwortung für die Ausgestaltung eines ausgeglichenen Level playing Fields, also faire Wettbewerbsbedingungen für die Branche, allerdings ohne hier auf die alltäglichen Probleme mit Uber & Co. einzugehen, die ja auch in NRW die Branche belasten.
Christof Rasche als verkehrspolitischer Sprecher der NRW-FDP berichtete von einer konkreten Initiative aus dem Verkehrsausschuss des Landestages, die dort gemeinsam von CDU, SPD, Grünen und eben der FPD verfolgt werde. Demnach sollen die Regionalisierungsmittel auch für ÖPNV-Taxis nutzbar werden, indem deren Verwendung stärker als bisher an den straßengebundenen ÖPNV gebunden wird. Ein entsprechender Antrag stehe kurz vor der Verabschiedung.
Gordan Dudas von der SPD streichelte dann die Seele des Gewerbes, indem er dessen Unverzichtbarkeit und gleichzeitige Verlässlichkeit herausstellte. Überall dort, wo liniengebundene Verkehre ineffizient seien, böte sich das Taxi mit On-Demand-Lösungen als sinnvolle Ergänzung für den liniengebundenen ÖPNV an. Er könne sich dabei durchaus Förderprogramme aus Landesmitteln vorstellen, die die Elektrifizierung der Taxiflotten unterstützen. Hier erwähnte er auch die Option der so genannten Lanecharger, mit denen ein kabelloses Laden am Taxistand ermöglicht werde. Und Dudas machte sich stark für die Beschäftigten der Branche und prangerte die unverkennbare Ausbeutung im Rahmen von Scheinselbstständigkeiten an. Weitere „Uber-Vorfälle“ dürfe es nicht geben.
Sehr launig berichtete der Unternehmer und Landtagsabgeordnete Ralf Schwarzkopf von der CDU, dass er schon nach kurzer Zeit habe aufgeben müssen, als ihm vor wenigen Minuten Randolf Stephany als Technik-Experte des FPN als rheinischem Schwesterverband des westfälischen VSPV die aktuelle TSE-Problematik habe erklären wollen. Er als Unternehmer der verarbeitenden Industrie sei sehr froh, dass er in einer Branche aktiv sei, die nicht einmal ansatzweise so stark reguliert sei wie die Taxibranche. Auch er unterstütze im Übrigen die anteilige Zweckbindung der Regulierungsmittel auch in Richtung Straße und damit auch für ÖPNV-Taxi & Co. Schwarzkopf bot sich im Ergebnis als besonders aus unternehmerischer Sicht verständiger und pragmatisch orientierter Gesprächspartner für das Gewerbe an.
Konkreter wurde es dann im Vortrag des neuen TMV-Präsidenten Thomas Kroker aus München, den man wohl ohne Übertreibung als Vater des ersten Tarifkorridors in Deutschland bezeichnen darf. Kroker schilderte aber auch die Unterstützung der Stadt München, welche die brancheninternen Korridorplaner links überholt hätten, indem sie die Regelung statt wie angedacht zum vergangenen Jahreswechsel schon zum Oktoberfest zum 1. September 2023 hätten starten lassen. Im Ergebnis sähe er die Münchener Regelung als Blaupause auch für andere Städte, die von der Uberszene bedroht würden, wobei München dazu allerdings noch das zweite wichtige Element der Einrichtung einer Mindestpreisregelung für Mietwagen fehle. Hier sei im bayerischen Landesverband, dessen Vorsitzender er ebenfalls ist, sein Geschäftsführer Christian Linz ganz vorn mit dabei, eine solche Regelung für Nürnberg auf den Weg zu bringen.
Klares Hauptziel der Münchener Korridor-Regelung sei für ihn der Rückgewinn verlorener Kundenkreise, berichtete Kroker. Die Münchener Kunden würden die neue Option, im Voraus zu ihrer Bestellfahrt einen Festpreis zu vereinbaren, dabei durchaus honorieren, allerdings würden diese Preise derzeit aufgrund der noch fehlenden Mindestpreisregelung regelmäßig von der Uberszene um drei bis fünf Prozent unterboten. Ein weiteres Manko der bisher realisierten Korridorreglung machte Kroker daran fest, dass die vereinbarte Korridorregelung leider die verkehrsbedingten Wartezeiten außer Acht gelassen habe. Dadurch ergebe sich ein realer Korridor von minus 13 bis plus 12 Prozent anstatt der avisierten minus 5 bis plus 20 Prozent. Hier müsse man noch nacharbeiten.
Ein weiterer Vortrag widmete sich dem vielfach ungeliebten Thema der Mobilitätsdaten-Speicherung. Auch der Gelegenheitsverkehr mit Taxis und Mietwagen ist ja seit einiger Zeit verpflichtet, seine statischen Daten wie Betriebsstandort, Fuhrparkgröße und ‑ausgestaltung sowie wenige dynamische Daten über frei verfügbare Fahrzeuge in die vom Bundesamt für Sicherheit und Information (BSI) extra dafür eingerichtete Mobilithek zu melden. Die NRW-Mobidrom GmbH hat sich hier die Unterstützung der Unternehmen zur Aufgabe gemacht.
Isabell Frisch und Harald Fletcher von Mobidrom konnten dabei einen beunruhigenden neuen Sachstand berichten, denn inzwischen sei seitens des Gesetzgebers geplant, säumige Datenlieferer zukünftig mit Bußgeldern zu belegen. Bisher hatte Thomas Grätz als juristischer Berater des TMV die Gemüter in der Branche immer damit beruhigen können, dass hier eben keine Sanktionen vorgesehen seien. Vereinzelt bieten Zentralen oder auch Vermittlungsanbieter hier schon eine gesetzeskonforme Lösung an – wohl dem, der zumindest bei dieser Problematik seine Hausaufgaben bereits gemacht hat. Für alle anderen steht die NRW-Mobidrom GmbH gern für Fragen zur Verfügung.
Sehr spannend waren dann auch die Ausführungen von Herrn Bösing von der AOK Nordwest zur geplanten Einführung eines elektronischen Krankentransportscheins (nennen wir ihn eKTS). Die elektronische Verordnung einer Krankenbeförderung hätte den Vorteil eines optimierten Genehmigungsprozesses auch für das Gewerbe, wobei Bösing hier jedoch nicht von Minuten, sondern Stunden oder Tagen sprach. Da die Kassen inzwischen über eine fast vollständige elektronische Datenaustauschquote mit den Praxen verfügen, bedarf es kaum weiterer Investitionen.
Tatsächlich interessant ist hier, dass die Entwicklungen der AOK Nordwest ggf. als Blaupause für die Gesetzgebung dienen könnten. Im Ergebnis könnte hier also zunächst eine Umsetzung real erprobt werden, bevor die Regelung ungeprüft in ein Gesetz gegossen wird – das klingt nach Fortschritt. Bösing verspricht sich vom eKTS eine erhebliche Entbürokratisierung des Prozesses. Er konnte dann aber die Publikumsfrage, ob hier nicht eventuell auch die Abschaffung der leidigen Eigenanteile auch für Taxi und Mietwagen einen weiteren Spareffekt für alle Beteiligten zeitigen könne – im Segment der qualifizierten Krankenbeförderung mit KTW ist dies längst umgesetzt –, nur als zusätzliche Anregung „mitnehmen“. Hier scheint es bisher also noch keine Überlegungen gegeben zu haben. rw
Das Beitragsfoto zeigt den VSPV-Taxi-Vorsitzenden Jörg Füchtenschnieder bei der Eröffnungsrede. Der VSPV-Geschäftsführer Sascha Waltemate und das Verbandsteam haben mit dem Westfälischen Taxi- und Mietwagentag ein tolles neues Format auf die Beine gestellt. Foto: Remmer Witte