Der „Korruptionsfreie Klub“ im Gemeinderat von Graz unterstützt Schadensersatzklagen von Autofahrern gegen „Klimakleber“. Ein Rechtsprofessor sieht nur geringe Erfolgsaussichten.
Wer mit dem Auto durch Straßenblockaden Zeit verliert, erleidet möglicherweise einen materiellen Schaden, etwa wenn er dadurch einen Flug oder eine Vertragsunterzeichnung verpasst – oder auch nur, weil der Taxameter läuft. Wer bezahlt den Schaden, den Autofahrer durch Verkehrsblockaden von selbsternannten KIimaaktivisten erleiden?
In einem rechtsstaatlichen System wie etwa in Österreich oder Deutschland hat grundsätzlich jemand, der anderen einen Schaden zufügt, dafür geradezustehen. Wie die österreichische Tageszeitung „Der Standard“ berichtet, will eine Partei bzw. Gruppe im Grazer Gemeinderat Betroffene rechtlich unterstützen. Schadenersatz von „Klimaklebern“ komme aber nur in engen Grenzen infrage.
Der „Korruptionsfreie Klub“ im Gemeinderat der steirischen Landeshauptstadt, gegründet von Politikern, die im Zuge einer Finanzaffäre aus der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) austraten oder ausgeschlossen wurden, hat Autofahrern ein „unkonventionelles Angebot“ gemacht: Wer „durch die Blockaden von Klimaaktivistinnen und Klimaaktivisten ‚Vermögensschäden’ erlitten“ hat, könne sich mit rechtlichen Fragen an den Klub wenden. Man wolle Betroffene beraten, wie sie Schäden geltend machen können. Auch die Kosten für Zivilverfahren will der Klub gegebenenfalls übernehmen.
Damit will man offenbar ein Gegengewicht zur finanziellen Macht der „Klimakleber“ bilden, von denen öffentlich eingeräumt wurde, dass sie von finanzstarken Geldgebern in den USA bezahlt werden, die sowohl den „Arbeitsaufwand“ als auch die Kosten übernehmen, die durch Strafverfolgung entstehen, so dass sie ein Stück weit ohne persönliches Risiko agieren können.
Die Tageszeitung „Der Standard“ stellt dazu die Frage, ob das Geltendmachen von Schadensersatzansprüchen rechtlich überhaupt möglich ist: „Kann man Aktivisten vor Gericht zerren, weil man mehr Sprit verbraucht hat, eine höhere Taxirechnung zahlen musste oder einen wichtigen Vertragsabschluss verpasst hat?“
Die Antwort ist überschrieben mit „Nur in Ausnahmen“: Ersatz gebe es grundsätzlich nur, wenn der Schädiger einen Schaden rechtswidrig und schuldhaft herbeigeführt hat, zitiert das Blatt einen Professor für Zivilrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien. „Wenn Aktivisten etwa Farbe auf ein Gemälde schütten, könne der Eigentümer relativ einfach Ersatz für die Reinigungs- und Restaurationskosten verlangen. Bei ‚Klimaklebern’ sei das schwieriger und nur in bestimmten Konstellationen denkbar“, so Prof. Martin Spitzer. Wenn Aktivisten sich beispielsweise auf einem Flugfeld festklebten, komme ein Ersatzanspruch des Flughafenbetreibers in Betracht, da eine Blockade des Flugbetriebs massive finanzielle Folgen haben kann. Auch, wenn eine Blockade bewusst darauf abziele, einen konkreten Betrieb lahmzulegen oder eine bestimmte Vertragsunterzeichnung zu verhindern, käme Schadenersatz in Frage.
Komme man dagegen zu spät zur Arbeit oder verpasse eine wichtige Geschäftsgelegenheit oder einen Flug, so handele es sich um sogenannte indirekte Schäden, also bloße Vermögensschäden. Für diese gebe es (nach österreichischem Recht) grundsätzlich keinen Ersatz. Dasselbe gelte, wenn man wegen des Staus oder aufgrund einer Umfahrung mehr Sprit verbrauche oder aufgrund der Verzögerung einen höheren Taxifahrpreis bezahlen müsse: kein Anspruch auf Ersatz, so der Rechtsprofessor.
Zum Thema Prozesskostenrisiko wurde ergänzt, dass die möglichen Schäden in den meisten Fällen sehr gering ausfallen dürften. Daher würde es sich für Betroffene kaum lohnen, das Prozessrisiko einzugehen und möglicherweise auf einer hohen Summe an Gerichtsgebühren und Anwaltskosten sitzenzubleiben. Man darf gespannt sein, ob die Initiatoren des „Korruptionsfreien Klubs“ es einmal darauf ankommen lassen, um ein Exempel zu statuieren. ar
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