An den letzten beiden Februartagen trafen erstmals nach der Corona-Krise wieder Vertreter des Taxigewerbes in Glückstadt zusammen. Von der regelmäßigen Veranstaltung gehen oft starke Impulse aus.
Dieses Gesprächsformat wird schon seit dreißig Jahren regelmäßig von der Hamburger Taxen-Union organisiert und lädt Hamburger Taxler und weitere Gäste aus dem nördlichen Bundesgebiet nach Schleswig-Holstein an die Elbe ein, um Wohl und Wehe der Branche zu diskutieren. Oft werden hier innovative Ideen zur Weiterentwicklung des Taxigewerbes salonfähig.
Erstes Thema der Tagesordnung in diesem Jahr war die Frage, wie sich wieder eine gemeinsame Gewerbepolitik erreichen lassen könnte. Damit war ein Warmstart des Treffens vorgegeben und es wurde intensiv diskutiert. In der Wahrnehmung vieler zeigt sich, dass ein fehlender einheitlicher Bundesverband oder zwei Bundesverbände in Industrie und Politik oftmals Verwirrung verursachen und eine sinnvolle Lobbyarbeit für alle Beteiligten erschweren oder so unmöglich machen. Man war sich einig, dass die Protagonisten einen Weg finden mögen, wie das Taxi- und Mietwagengewerbe bundespolitisch wieder als Einheit auftreten könnte. Denn unabhängig von aller Historie der Spaltung des Gewerbes in zwei Verbände könne man nur so politisch wieder jenes Gewicht auf die Waage bringen, welches der Branche zusteht.
Da in Glückstadt Vertreter sowohl des Bundesverbandes BVTM als auch des Dachverbandes TMV anwesend waren und intensiv mitdiskutierten, konnten die Teilnehmer ihren Wunsch nach einem gemeinsamen und so gestärkten bundespolitischen Auftreten der Branche direkt bei beiden Verbänden gleichzeitig vortragen. Es wird spannend sein, ob und wie man dort Wege findet, diesem Wunsch inhaltlich zu entsprechen.
Auch der zweite Punkt der Tagesordnung barg Zündstoff für das Gewerbe, auch wenn dieser Punkt nicht ganz solch gravierende Auswirkungen auf das gesamte Gewerbe haben kann wie der erste. Zur kleinen Fachkunde berichtete Dirk Ritter von der Hamburger Genehmigungsbehörde BVM, er gehe davon aus, dass nun zeitnah eine digitale, niedrigschwellige Fachkunde ohne Prüfung zum bundesweiten Konsens werde. Des Weiteren gehe er davon aus, dass es dort eher um die Verkehrssicherheit im Zusammenhang mit Taxi und Fahrgästen gehen werde und weniger um die Dienstleistung Taxi. Das Anlernen neuer Kollegen auf den Beruf des Taxifahrers werde somit wohl ganz auf das Gewerbe übergehen.
Ritter sah in dieser Entwicklung, die sicherlich viele aus dem Gewerbe als enttäuschend empfinden werden, aber kein großes Problem. Mit der Abschaffung der Ortskunde für Mietwagenfahrer sei das Bad schon sehr früh ausgeschüttet worden. Man könne allein mit einer solchen Prüfung eh aus einem schlechten Taxifahrer keinen guten machen. Aus behördlicher Sicht sei die Abfrage sicherheitsgeprägter Fragen nun die einzige Option, denn gewerbliche Interessen zum Thema Service ließen sich kaum genreübergreifend für Taxi und Mietwagen darstellen – und schon gar nicht für eine Behörde. Nicht unerheblich für das Zustandekommen dieses Ergebnisses war aber weniger das fehlende Verständnis für die Belange der Branche in der Politik als vielmehr die fehlende Einigkeit im Gewerbe selbst. Während einige Landesverbände intensiv an der Umsetzung komplexer Prüfungen arbeiteten, versuchten andere, den Prüfungsaufwand möglichst komplett zu eliminieren.
Zum dritten Thema, den zu erwartenden Konsequenzen aus der neuen Kassensicherungsverordnung, war abermals Dirk Ritter gefragt, denn kaum jemand aus dem Gewerbe selbst ist so nah am Thema. Nach der Messe in Essen hatte es ein Treffen der Landesfinanzbehörden mit den Taxameterherstellern gegeben. Die Problematik, inwieweit zukünftig auch Festpreise in den TSE-Datensätzen registriert werden können, scheint noch nicht gelöst, man darf aber noch Hoffnung haben, dass die Insika-Taxameter doch noch mit einer TSE ausgestattet werden können und so auch über 2028 hinaus einsetzbar bleiben. Außer diesen wichtigen Details gibt es bei dem Thema aktuell nur wenig Bewegung.
Sehr spannend waren die Gespräche um neue Genehmigungsformen aus dem PBefG und deren Nutzung durch das Gewerbe, aber auch durch Moia, Uber & Co. Es scheint, dass diejenigen, die sich trauen, die neue Verkehrsform des Linienbedarfsverkehr zu interpretieren, hier durchaus Chancen entdecken. Dementgegen gilt für den gebündelten Bedarfsverkehr eher das Gegenteil, da dieser mit der Regelbesteuerung kaum konkurrenzfähig zu begünstigten Alternativen darstellbar ist.
Eine spannende Entwicklung aus Corona-Zeiten scheint ein verstärktes Interesse am Segment Krankenfahrten auch im städtischen Umfeld zu sein. In der Fläche sind diese Fahrten schon seit Jahrzehnten das Lebenselexier der Betriebe, aber zumindest in den großen Städten haderte man oft mit dem hohen Verwaltungsaufwand, welcher in diesem Beförderungssegment steckt. Dies war naheliegend, denn der Abrechnungsaufwand für eine Sechs-Euro-Fahrt ist der gleiche wie der für eine Überlandfahrt zum nächsten Krankenhaus für fünfzig Euro. In der Zeit nach Corona aber ist der Fahrtanteil freier Fahrten am Gesamtvolumen vielfach gesunken. Von daher bestand bei den Hamburgern und Berlinern großes Interesse am Bericht der Bremer Kollegen, welche in der jüngeren Vergangenheit eine Vereinbarung mit den Krankenkassen getroffen haben. Zu hoffen ist, dass dieses Auftragssegment nicht durch Gesundheitskarten digitalisiert wird, denn dies würde solche Fahrten auch für Uber, Free Now, Bolt & Co. attraktiver machen.
Beim Thema Festpreise/Tarifkorridore besteht weitgehender Konsens, dass solche Lösungen zwingend geschaffen werden müssen, um das Taxi auch für jüngere Menschen attraktiv zu erhalten. Aktuell ist allerdings leider wahrnehmbar, dass Unternehmen oder Ideen, die sich als hip und erfolgsträchtig darstellen wollen, die Verbindung zu Hellelfenbein eher konsequent meiden.
Hoffnung machte zum Thema allerdings eine Äußerung von Dirk Ritter, der darauf hinwies, dass beispielsweise Moia zwar sicherlich die besseren PR-Berater als die Taxibranche habe, ansonsten aber oft mit den gleichen Problemen wie das übrige Gewerbe zu kämpfen habe. Man müsse hier nicht den Kopf in den Sand stecken. Er erkennt nach wie vor die Chance des Taxigewerbes darin, sich als Premiumanbieter wahrzunehmen und zu generieren, dann müsse man die Zukunft nicht fürchten und könne auch gegenüber den Behörden als der verlässliche Partner auftreten, der man vielerorts schon sei. Die Kunden, denen die Qualität egal sei, seien eh schon lange weg. Insofern mögen Vermittler wie vielleicht auch die eine oder andere Zentrale sich auf stürmische Zeiten vorbereiten müssen, dies gelte aber nicht in gleicher Weise für die fahrdienstleistenden Unternehmen. rw
Hinweis der Redaktion: Alle bei Taxi Times bisher veröffentlichten Beiträge zum Thema TSE-Pflicht finden Sie hier.
Fotos: Remmer Witte