Herwig Kollar, der am Mittwoch zum neuen Präsidenten des Bundesverbandes Taxi und Mietwagen e. V. gewählt worden ist, hat am Mittag in einer Online-Konferenz seine vier wichtigsten Zukunftsthemen erläutert.
In seiner ersten öffentlichen Rede als neu gewählter Präsident des Bundesverbandes Taxi und Mietwagen (BVTM) sagte Herwig Kollar, das neue Präsidium sei eine gelungene Mischung aus erfahrenen und jüngeren, unverbrauchten Kräften. Er berichtete von der vorangegangenen, nicht-öffentlichen digitalen Mitglieder-Versammlung des Bundesverbandes und bezeichnete die Ergebnisse der internen Wahlen als „erstaunlich und Mut machend“: Die Zustimmungsraten von 80 bis 100 Prozent zeigen seiner Ansicht nach deutlich, dass der Verband gestärkt sei und „Irritationen der jüngsten Vergangenheit beseitigt“ werden konnten, und „dass wir jetzt tatsächlich gemeinsam mit allen Mitgliedern Herausforderungen gemeinsam angehen können.“ Dies nannte er einen ersten, erfolgreichen Schritt in die Zukunft.
Er stellte den neuen Vizepräsidenten Wolfgang Oertel und die Mitglieder des neuen Vorstands vor, zu denen auch „Newcomer“ gehören, die wichtige aktuelle Themen in die Verbandsarbeit einbringen würden. Von der Unterstützung durch die „neue Führungsmannschaft“ verspricht Kollar sich eine sehr konstruktive Zusammenarbeit.
„Vor uns“ liegen laut Kollar nun Herausforderungen, die alle, die schon länger im Gewerbe tätig sind, „in diesem Ausmaß noch nie erleben mussten“: die Corona-Krise, ein neues Personenbeförderungsgesetz (PBefG), „die Herausforderung, dass das Taxigewerbe und das Mietwagengewerbe in den kommenden Jahren den Fuhrpark komplett erneuern“ und emissionsarme Fahrzeuge anschaffen müssen sowie den zunehmenden Wettbewerb in einem zentralen Bereich des Taxi- und Mietwagengewerbes: „Krankenfahrten, bei denen immer mehr branchenfremde Dienste ein Stück von dem Kuchen abhaben wollen.“
Dies alles zusammengenommen zeige bereits deutlich, „vor welch schwierigen Aufgaben nicht nur das Gewerbe, sondern dann vor allem auch dessen Repräsentanten, die für einen vernünftigen Rahmen des Gewerbes sorgen sollen“, stehen.
Zum ersten großen Thema, der Corona-Krise, kritisierte Kollar, „mit wie viel Milliarden an Unterstützungsgeldern“ die Regierung große Konzerne gefördert habe, ohne im Einzelfall die Notwendigkeit zu prüfen. Dagegen seien im Taxi- und Mietwagengewerbe zum Teil Reserven aufgebraucht worden, um Privatleben und Miete noch zu finanzieren. Dass die Soforthilfen für Taxiunternehmer bei weitem nicht ausreichen, um Betrieb und Verkehrsangebot aufrechtzuerhalten, sei in der Politik noch nicht ausreichend angekommen. Vielen Politikern fehle das Versändnis. Man müsse daher in nächster Zeit intensiv daran arbeiten, der Politik die besondere wirtschaftliche Lage des Taxi- und Mietwagengewerbes nahezubringen, verbunden mit der Forderung, „dass hier deutlich mehr an Unterstützung notwendig ist als das, was in der Vergangenheit angeboten und geleistet wurde.“ Ansonsten drohe ein böses Erwachen – „dann nämlich, wenn ein flächendeckendes Angebot – sowohl in den Ballungszentren wie auch in ländlichen Strukturen – einfach deshalb nicht mehr da sein wird, weil Unternehmen dichtmachen.“
Neben dieser „Jahrhundert-Herausforderung“ habe das Gewerbe als zweites großes Thema auch mit dem neuen PBefG zu kämpfen. Man habe im Rahmen der Gesetzgebung gekämpft und seine Positionen auch auf der Straße deutlich gemacht. Auch, wenn man nicht mit allem zufrieden sein könne, was erreicht worden ist, so sei gegenüber dem ersten Eckpunktepapier vom Februar 2019 doch viel erreicht worden.
Kennzeichnend am neuen PBefG sei, dass der Gesetzgeber den kommunalen Verkehrs- und Genehmigungsbehörden großen Handlungsspielraum für die Organisation der Mobilität einräumt. Entscheidend werde sein, ob die Kommunen bereit sind, diesen Spielraum zu nutzen. Es müsse verhindert werden, dass Genehmigungsbehörden dem Markt freien Lauf lassen und gar nichts regeln, denn dann würden sie schnell merken, „dass ihnen die Organisation der örtlichen Verkehrsverhältnisse und des Mobilitätsmarktes von multinationalen Konzernen aus der Hand genommen wird, die unfaire Bedingungen im PBefG schamlos ausnutzen werden.“ Dies sei dann nicht mehr rückgängig zu machen und die Bevölkerung hätte das Nachsehen. Kollar appellierte deshalb dringend und ausdrücklich an die Verkehrsbehörden: „Nutzen Sie das Instrumentarium, nutzen Sie den Handlunggspielraum! Wir sind bereit, Sie dabei zu unterstützen und unseren Beitrag für einen fairen Wettbewerb auf örtlicher Ebene zu leisten.“
Drittes großes Thema war die bevorstehende Umstellung der Fuhrparks auf emissionsarme Fahrzeuge: Das novellierte PBefG gebe den Kommunen auch Möglichkeiten an die Hand, Genehmigungen unter diesem Gesichtspunkt zu erteilen. Taxi- oder Mietwagenunternehmer kämen deshalb mittelfristig nicht umhin, „den bestehenden Fuhrpark zu ersetzen und mit emissionsarmen Fahrzeugen auszurüsten.“ Dass dies eine enorme finanzielle Belastung ist, sei allen bewusst, da emissionsarme Fahrzeuge mit akzeptabler Laufleistung 20.000 bis 30.000 Euro mehr kosten als entsprechende Verbrenner. „Diesen Mehraufwand sollen die Unternehmen leisten in einer Zeit, in der sie seit einem Jahr […] Umsatzeinbrüche bis zu 90 Prozent haben.“ Hier müsse der Staat mit entsprechenden Förderprogramm einspringen. Kollar erwähnte die Telekom als Partner, der mit Veranstaltungen Fachwissen zusammentragen und die Ladestruktur für Elektroautos voranbringen werde.
Als viertes Thema an Bedeutung zunehmen werde die Marktbeteiligung des Taxi- und Mietwagengewerbes an den „Sozial- und Krankenfahrten“. In der Stellungnahme des Bundesrates zur PBefG-Novelle sei ein Entschließungsantrag aufgetaucht, der die Regierung auffordert, die Freistellungsverordnung zu ändern und Sozialfahrten mit in den Kreis der freigestellten Verkehre aufzunehmen. Ihm werde angst und bange, dass dieses wirtschaftliche Rückgrat dem Taxi- und Mietwagengewerbe weggenommen werden solle zugunsten von gewinnorientierten Anbietern. „Da stecken natürlich auch mächtige wirtschaftliche Interessen – oder wie man so schön neudeutsch sagt: Lobbyisten – dahinter. Die werden nicht Ruhe geben auf diesem Feld. Da müssen wir klar für die Interessen der Taxi- und Mietwagenunternehmer – und auch der Verbraucher – in den ländlichen Gemeinden kämpfen.“
Diese vier großen Themen erfordern laut Kollar besonderes Engagement, und er sei zuversichtlich, dass dies auch erbracht werde. Die breite Zustimmung zur „neuen Mannschaft“ im Verband stimme ihn optimistisch. ar
Beitragsbild: Herwig Kollar. Foto: Axel Rühle