Der Taxi Times Freitagskommentar
So wie es derzeit aussieht, wird Taxi-Deutschland am 1. Januar 2017 dreigeteilt sein. Da gibt es zum einen die Hamburger, die mit ihrem Modell den Fiskaltaxameter bereits vor Jahren eingeführt haben und damit für alle Seiten befriedigende Ergebnisse erzielen konnten.
Dann gibt es die Berliner Unternehmer mit ihren über 8.000 Taxis, die ab 1. Januar von der Finanzverwaltung verstärkt kontrolliert werden sollen und bei denen das INSIKA- oder ein ähnliches Verfahren verlangt wird.
Und dann gibt es noch den Rest von Deutschland, wo kein Unternehmer heute weiß, was ihn eigentlich ab 2017 erwartet – und ob ihn überhaupt etwas erwartet. Wo man sich allmählich damit abfindet, dass zunächst einmal alles so weiterlaufen kann wie bisher.
Warum? Weil außer in Berlin nirgendwo ein Finanzamt oder eine Oberfinanzdirektion den Mut aufbringt, klar zu definieren, wie man die steuerrechtlichen Vorschriften einer digitalen Einzelaufzeichnungspflicht ab 2017 auslegen will. Man versteckt sich hinter den Allgemeindefinitionen, wonach alle steuerlich relevanten Daten in einem Betrieb, die mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt worden sind, während der Dauer der Aufbewahrungsfrist jederzeit verfügbar, unverzüglich lesbar und maschinell auswertbar aufzubewahren sind. Meist wird dieser Hinweis dann noch mit einem Verweis auf ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums „zur „Aufbewahrung digitaler Unterlagen bei Bargeschäften“ vom 26. November 2010 versehen, wonach alle auch im Taxameter erfassten steuerlich relevanten Einzeldaten vollständig und unveränderbar gespeichert werden müssen.
Eine in diesem Schreiben gewährte Übergangsfrist für Alttaxameter ohne digitale Speicherkapazität läuft zum 31.12.2016 aus.
Zwischen der Veröffentlichung des BMF-Schreibens und dem Auslaufen der Übergangsfrist liegen 2.227 Tage. Fast 53.550 Stunden, in denen man eine verbindliche Definition eines manipulationssichereren Taxameters für die Taxibetriebe und eines Wegstreckenzählers für die Mietwagenunternehmen hätte ausarbeiten können.
Diese Chance wurde grandios verpasst. Von der Politik, die nicht einsehen wollte, dass eine Fiskalkasse nicht für alle betroffenen Bargeldbranchen gleichermaßen definiert werden kann und die im Ringen um eine Einheitslösung zwischen den Mühlen der unterschiedlichen Lobbyisten zermahlen wurde. Von den Finanzdirektionen, die selbst dann, als klar wurde, dass es zum Stichtag 1.1.2016 keine gesetzliche Regelung geben würde, sich weder regional noch überregional darauf verständigen konnten (wollten?), welche der seit Jahren gängigen Aufzeichnungsmethoden aus steuerrechtlicher Sicht akzeptiert werden.
Leider muss sich auch mancher Taxi-Landesverband vorwerfen lassen, nicht genügend zu einer eindeutigen Aufklärung beigetragen zu haben. Verschleierung und Reduzierung der echten Umsätze wurden und werden zeitweise noch heute als Kavaliersdelikt oder „aus der Not heraus geboren“ verharmlost. Die damit verbundene Wettbewerbsverzerrung gegenüber den ehrlichen (und schützenswerten) Taxibetrieben wird nach wie vor schulterzuckend hingenommen.
Es ist kein Zufall, dass Hamburg seit langem und Berlin in Kürze den manipulationssicheren Fiskaltaxameter im Einsatz haben (werden). In beiden Städten waren die Umsatzunterdrückungen so gravierend, dass die verantwortlichen Genehmigungsbehörden einfach handeln mussten. Sie wurden und werden dabei von den dortigen Taxiverbänden tatkräftig unterstützt.
Zahlreiche Gutachten im Rest Deutschlands weisen allerdings auch den Verdacht auf eine hohe Anzahl an Steuerbetrügern im Taxigewerbe auf. Mit dem Auslaufen der Übergangsfrist und dem nun möglichen konsequenten Anwendung der Vorgaben des BMF-Schreibens könnte der Taximarkt von den schwarzen Schafen befreit werden.
Hamburg hat das schon bewiesen, Berlin versucht es wenigstens. Finanzdirektionen und Aufsichtsbehörden im Rest Deutschlands müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, durch Untätigkeit zu Komplizen der schwarzen Schafe zu werden.
Jürgen Hartmann
Meine örtliche Großzentrale (knapp 500 Wagen) sowie der hiesige Fachverband haben bislang keinerlei Anstrengungen unternommen dem bunten Treiben in der Branche Einhalt zu gebieten. Das Gegenteil ist der Fall: Durch permanente Beschönigung und aktive Verschleierung der wahren Verhältnisse wird versucht die Gepflogenheiten der großen Mehrwagenunternehmen bei Umsatzverkürzung, Steuerhinterziehung und Mindestlohnenthaltung zu decken.
Der Schlußsatz hätte richtigerweise besser lauten sollen:
Finanzdirektionen und Aufsichtsbehörden SOWIE (immer noch) VIELE TAXIZENTRALEN UND REGIONALVERBÄNDE UND ÖRTLICHE FACHVEREINIGUNGEN im Rest Deutschlands müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, durch Untätigkeit zu Komplizen der schwarzen Schafe zu werden.