Im Rahmen der diesjährigen Filmkunstwochen der Münchner Arthouse-Kinos, an denen sich auch das Neue Rottmann-Kino erneut beteiligt, werden alte und neue Taxi-Filme vorgeführt.
Die 72. Münchner Filmkunst-Wochen, die seit dem 24. Juli laufen und noch bis Mittwoch nächster Woche andauern, beinhalten diesmal auch mehrere Filme, in denen Taxifahrten oder ‑fahrer ein zentrales Element bilden. Dazu gehört am Samstag und am Dienstag das legendäre Drama „Taxi Driver“ von Martin Scorsese, in dem Superstar Robert de Niro einen 26-jährigen Vietnamkriegsveteranen im Jahr 1976 spielt, der traumatisiert, vereinsamt, tablettensüchtig und vom menschlichen Abschaum in New York City angewidert ist, nachts nicht mehr schlafen kann und deshalb Taxi fährt. Dabei erlebt er jede Nacht die Abgründe der Großstadt, unter anderem in Gestalt eines minderjährigen Mädchens, das sich prostituiert und mal mit Freiern mitgeht, mal vom Zuhälter (Harvey Keitel) verfolgt wird. Von seinem Beschützerinstinkt angetrieben will er das Mädchen aus dem Elend herausholen. Das Mädchen aber, gespielt von der damals 13-jährigen Jodie Foster, die mit dem Film berühmt wurde, ist damit gar nicht einverstanden. Schließlich braut sich aus verschiedenen Handlungssträngen eine dramatische Eskalation zusammen.
Bereits in den letzten Tagen liefen „Taxi Teheran“ von 2015 von Jafar Panahi und „Im Taxi mit Madeleine“ von 2022 von Christian Carion.
Am kommenden Mittwoch steht in der Rottmannstraße 15 ein weiterer Klassiker auf dem Programm: „Night on Earth“ von Jim Jarmush. Der Film von 1991 gibt in fünf Episoden, die in verschiedenen Städten spielen, Einblick in fiktive, sowohl komische als auch tragische Erlebnisse und persönliche Geschichten von Taxifahrern und Fahrgästen. In Los Angeles spielt Winona Ryder eine junge Taxifahrerin, die eine wohlsituierte Casting-Agentin aus der Filmbranche zu ihrem luxuriösen Haus fährt, nach anfänglicher Antipathie mit ihr ins Gespräch kommt und schließlich eine Filmrolle von ihr angeboten bekommt – die sie ablehnt, weil sie lieber Automechanikerin werden (und somit in der ihr vertrauten Welt bleiben) möchte.
In New York spielt der aus Ostdeutschland stammende Armin Mueller-Stahl den aus Mitteldeutschland stammenden Taxifahrer Helmut Grokenberger, der weder mit dem Automatikgetriebe seines amerikanischen Autos noch mit der englischen Sprache besonders gut klarkommt. Zugleich weiß er nichts vom gefährlichen Ruf des Stadtteils Brooklyn und hat deshalb kein Problem, den gut gelaunten Yoyo dorthin zu fahren – wobei dieser den Fahrer überredet, ihn selbst fahren zu lassen. Sie kommen ins Gespräch und Yoyo ist vom Vornamen Helmut belustigt, der klanglich dem englischen Wort „helmet“ (Helm) ähnelt.
Von der Elfenbeinküste stammt Isaach De Bankolé, der den Taxifahrer der Pariser Episode spielt. Die blinde junge Frau, die bei ihm einsteigt, erkennt am Akzent präzise seine ivorische Herkunft und überrascht auch im Gespräch mit Scharfsinnigkeit und Schlagfertigkeit. Als sie aussteigt, verursacht der Fahrer einen Unfall, worauf die wütenden Beteiligten sich gegenseitig vorwerfen, blind zu sein, während die blinde Frau lächelnd den Ort des Geschehens verlässt.
Vielleicht das komödiantische Highlight des Films ist die Episode in Rom, wo Roberto Benigni nachts mit Sonnenbrille am Taxisteuer und wie immer unter Strom stehend durch die Straßen brettert. Er baggert mit ausgeschaltetem Mikrofon scherzhaft die Sprachvermittlerin in der Funkzentrale an, bis ein älterer Geistlicher bei ihm einsteigt, den er mit „Bischoff“ anredet und als Beichtvater für diverse nicht ganz alltägliche sexuelle Erlebnisse missbraucht, was sich auch noch eine Weile fortsetzt, nachdem der herzkranke Priester auf der Rückbank unbemerkt einem Herzinfarkt erlegen ist. Die Reaktion des Fahrers, nachdem er dies bemerkt, ist ebenso respektlos und belustigend wie die gesamte Episode bis dorthin.
Der eher tragische und anrührende Höhepunkt des Films ist die letzte Episode, die in Helsinki spielt. Matti Pellonpää steuert einen alten Volvo, wo ihm mitten in der Nacht drei betrunkene Taxifahrgäste einsteigen. Der eine ist bereits einigermaßen weggetreten, und die anderen erzählen dem Taxifahrer vom schweren Schicksal ihres Freundes, dem gerade am selben Tag bei der Arbeit gekündigt, sein nagelneues Auto demoliert und seine Ehe aufgekündigt worden ist und er auch noch von der Schwangerschaft seiner minderjährigen Tochter erfahren habe. Der bis dahin wortkarge Fahrer entgegnet unbeeindruckt, es gäbe doch Schlimmeres, und erzählt den zunächst empörten Fahrgästen in rührender Dramatik seine eigene Lebensgeschichte mit der Frühgeburt seiner Tochter, und wie diese, als die Ärzte sie über den Berg wähnten, doch noch gestorben sei. Daraufhin sind die beiden noch wachen Fahrgäste so erschüttert, dass sie den Fahrer zu trösten versuchen und sich über ihren weggetretenen Freund empören, dessen Schicksal im Vergleich wohl ungleich weniger schlimm sei.
Auch ein relativ neuer Film wird im Rottmann-Kino gezeigt: „Daddio – eine Nacht in New York“ von Christy Hall lief erst vor wenigen Wochen in den Kinos an. Hier spielt Sean Penn einen älteren, selbstgefälligen New Yorker Taxifahrer vom „alten Schlag“ mit überkommenem Frauenbild, der eine junge Frau, gespielt von Dakota Johnson, nachts vom New Yorker Flughafen JFK nach Manhattan fährt. Wie in so vielen Filmhandlungen hat die Frau zuerst keine Lust auf ein Gespräch und lässt nur widerwillig Smalltalk und Fragen des älteren Mannes über sich ergehen (während sie reichlich machohafte Nachrichten ihres älteren Liebhabers „Daddy“ auf dem Smartphone empfängt), bevor dann aufgrund der Verkehrssituation die Zeit lang wird und das Gespräch doch noch ans Eingemachte geht und tiefgründig wird. So in etwa verheißen es die ersten, überwiegend positiven Filmkritiken.
Wer den Film gesehen hat, darf gerne in einem Kommentar unter dieser Meldung mehr verraten. ar
Beitragsbild: Filmplakate-Collage Axel Rühle
Danke Axel Rühle für den aufwendig mit Trailern gespickten Bericht ! Das erinnert auch an so manche abwechslungsreiche Begegnung in dem so abwechslungsreichen Job als Taxi-Driver.