Entspricht die Rückkehrpflicht für Mietwagen noch dem heutigen Zeitgeist? Ein aktuelles Urteil aus Köln macht hier eine klare Aussage und sollte auch bei ähnlichen noch offenen Verfahren als Referenz beachtet werden.
In einem aktuellen Urteil zum Thema Uber & Co. stellte das Oberlandesgericht Köln (OLG Köln 6 U 106/24 vom 09.05.2025) sehr detailliert und fundiert fest, dass die Einhaltung der Rückkehrpflicht für Mietwagen ein hohes Gut im Wettbewerb zwischen Taxi und Mietwagen ist. Es bestätigte so die vorhergehende Entscheidung des Landgerichts Köln.
Beklagt war – wie schon des Öfteren – die Firma SafeDriver ennoo CGN GmbH mit ihrem zu Verfahrensbeginn dort noch als Geschäftsführer (GF) verantwortlichen Thomas Mohnke (inzwischen ist er dort kein GF mehr). Mohnke tritt mit seinen Unternehmen in vielen Städten als Generalunternehmer der Vermittlungsplattform Uber auf. Er betreibt eigene Mietwagen, ist aber auch der Vermittler an eigenständig agierende Subunternehmer. Mohnkes Unternehmen wurde vorgeworfen, die unerlaubte Bereithaltung der kooperierenden Mietwagen zu veranlassen. Dies habe das Unternehmen zu unterlassen. Mohnke wiederum hatte mit einem ganzen Register von Argumenten versucht, seine Firma als Generalunternehmen aus der Verantwortung für Verstöße gegen die Rückkehrpflicht zu nehmen. Darüber hinaus hatte er auch die Rückkehrpflicht als solche in Frage gestellt: Sie sei nicht legitim. Vor dem OLG Köln sind Mohnke und die Uber-Anwälte damit gescheitert.
Wie nahezu immer bei der Ahndung von Verstößen gegen die Rückkehrpflicht von Mietwagen (geregelt im § 49, Absatz 4, Satz 3 des Personenbeförderungsgesetzes PBefG), war der Ausgangspunkt dieses Verfahrens die Dokumentation eines ganz konkreten Verstoßes: Im Januar 2023 hielt sich ein auf eine Mietwagen-GbR zugelassenes Fahrzeug X in der Zeit von 10.10 Uhr bis 10.22 Uhr auf dem Breslauer Platz in Köln auf. Der Fahrer des Wagens hatte dort einen Fahrgast abgesetzt. Um 10:13 Uhr führte ein den Wagen beobachtendes Vorstandsmitglied des Kölner Taxiruf (im weiteren Verlauf des Beitrags als Klägerin bezeichnet) über die Uber-App eine Testbestellung aus. Sie wurde vom Fahrer des Fahrzeug X sofort angenommen. Gleich nach der Annahme wurde die Fahrt von der Klägerin aber wieder storniert. Das Fahrzeug X war also ab diesem Moment wieder ohne Auftrag. Der Fahrer des Wagens X verweilte bis 10:22 Uhr weiter an Ort und Stelle, bevor er sich in der Uber-App abmeldete.
Der Kläger hatte dies als Verstoß gegen die Rückkehrpflicht gesehen. In zwei getrennten Verfahren gingen die Kölner Taxivermittler dagegen vor: Zum einen gegen das verstoßende Mietwagenunternehmen (Verfahren wurde gewonnen und ist rechtskräftig) und zum anderen per Unterlassungsklage des Kölner Taxirufs gegen die SafeDriver ennoo CGN GmbH. Mohnkes Unternehmen sei verpflichtet, ihre an der Vermittlung angeschlossen Mietwagen von jeder Bereitstellung abzuhalten, argumentierte die Taxiseite.
Zunächst legte das Gericht fest, dass die gesetzliche Regelung zur Rückkehrpflicht hier anwendbar sei. Sie sei weder verfassungswidrig noch verstoße sie gegen das europäische Gemeinschaftsrecht. Auch das Verbot, Mietwagen auf öffentlichen Straßen und Plätzen taxiähnlich bereitzustellen und dort Beförderungsaufträge anzunehmen, sei bei verfassungskonformer Auslegung mit dem Grundgesetz vereinbar.
Das Gericht führt dazu aus, dass die gesetzliche Abgrenzung der Berufsbilder des Mietwagen- und Taxiunternehmers dem Schutz der Existenz- und Funktionsfähigkeit des Taxenverkehrs diene, an dem ein wichtiges Interesse der Allgemeinheit bestehe. Bei einer Freigabe der Annahme von Beförderungsaufträgen durch Mietwagenfahrer außerhalb des Betriebssitzes sei eine Beeinträchtigung der Existenz- und Funktionsfähigkeit des Taxenverkehrs zu erwarten. Langfristig könne dies dazu führen, dass ein großer Teil der Taxiunternehmer zum Mietwagenverkehr übergehe, um nicht mehr an die Tarife gebunden zu sein. Es bestehe aber ein legitimes Bedürfnis danach, der Allgemeinheit mit dem Taxenverkehr ein Verkehrsmittel für individuelle Bedürfnisse zu einem festgelegten Tarif zur Verfügung zu stellen. Auch europäisches Recht biete hier keine andere Perspektive.
Unabhängig davon, ob zwischen der Stornierung des Auftrags (nach dem Vortrag der Klägerin 10.13 Uhr, nach dem der Beklagten 10.15 Uhr) und der Wegfahrt (um 10.22 Uhr) neun oder sieben Minuten lagen, sei die Verweildauer zu lange. Ein Mietwagenunternehmer verletzt seine Verpflichtung zur unverzüglichen Rückkehr zum Betriebssitz, wenn er nach Ausführung eines Fahrauftrags eine nicht ganz kurze Pause einlegt, ohne dass besondere Umstände des einzelnen Falles eine solche Pause außerhalb des Betriebssitzes erfordern. Schon das Verweilen eines Mietwagens indiziere einen Verstoß gegen die Rückkehrpflicht.
In diesem Fall habe der Fahrer eine Pause von deutlich mehr als fünf Minuten eingelegt, ohne dass dies durch besondere Umstände gerechtfertigt gewesen war. Insoweit könne von einem schuldhaften Verstoß gegen die Rückkehrpflicht ausgegangen werden, auch wenn nicht jede Pause über fünf Minuten unweigerlich mit einem Verstoß gegen die Rückkehrpflicht einhergehen müsse. Gerade der Mutmaßung der Beklagten, der Fahrer könne die Stornierung des Auftrags nicht bemerkt haben, stünde hier die Tatsache entgegen, dass der Fahrer nach Annahme des Auftrags eben nicht sofort wieder losgefahren sei.
Auch die Tatsache, dass der Auftrag nicht durchgeführt wurde, ändere an dem Verstoß nichts. Die Rückkehrpflicht sei bereits mit der Erteilung des Auftrages – der seinerseits die „alte“ Rückkehrpflicht aus dem vorhergehenden Auftrag entfallen ließ – ausgelöst, auch wenn die Pflicht als solche naturgemäß erst nach Erledigung bzw. Stornierung des Auftrags zu erfüllen sei.
Fazit: Besonders interessant an diesem Urteil sind mehrere Aspekte:
1. Das OLG Köln legt mit diesem Urteil die Messlatte für den Nachweis von Verstößen gegen die Rückkehrpflicht bzw. des Verbotes der unerlaubten Bereitstellung so niedrig, dass es zukünftig etwas einfacher sein könnte, Mietwagenfahrer und ihre Unternehmer für Verstöße gegen das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) in Regress zu nehmen.
2. Darüber hinaus wird in diesem Verfahren dem Generalunternehmer die Verantwortung für den Rechtsverstoß zugewiesen, da er bei der fraglichen Bestellung als Vertragspartnerin auftrat. Ein Unterlassungsanspruch sei dann, wenn die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen werden, auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet. In der Bestätigung für den Kunden hieß es nämlich „Beförderung durch SafeDriver ennoo CGN“, und: „Der Beförderungsvertrag entsteht zwischen Dir und SafeDriver ennoo CGN GmbH“. Für die Zukunft wird nun spannend sein zu beobachten, ob die Juristen der Beklagten hier eine alternative Formulierung finden, die diese Verantwortung wieder in Frage stellen könnte.
3. Da der Kölner Taxiruf keine eigenen Taxis betreibt, habe er auch keine Klagelegitimation, argumentierten die Rechtsanwälte der Beklagten. Das OLG Köln sah das anders. Zwischen einer Taxizentrale als Kläger und einem Generalunternehmen als Beklagten bestehe sehr wohl eine wettbewerbliche Situation.
4. Die relativ kurze Zeit von nur sieben Minuten der Bereithaltung wurde vom OLG Köln als ausreichend erachtet, um den Vorstoß gegen die Rückkehrpflicht als belegt zu erachten.
5. Das Urteil ist zwar noch nicht rechtskräftig, das Gericht hat eine Revision aber nicht zugelassen. Seitens des Klägers wurde allerdings eine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Ob diese Beschwerde allerdings tatsächlich aufrechterhalten wird, ist noch ungewiss.
Rechtsanwalt Dr. Carsten Mathias von der Kölner Kanzlei „Arnold, Baller, Mathias“, Rechtsbeistand für den Kölner Taxiruf in dem hier beschriebenen Verfahren, berichtet gegenüber Taxi Times, dass „gerade verschiedenste Kanzleien versuchen, bei allen möglichen Zivil- und Verwaltungsgerichten eines zu finden, das betreffend die Rückkehrpflicht aussetzt und das Verfahren dem EuGH vorlegt. Dem sollte ein Riegel vorgeschoben werden und das Urteil des OLG Köln, welches dem eindeutig widerspricht, wird nach meiner Überzeugung zur Orientierung von Behörden und Gerichten dienen. Deshalb ist dieses Urteil sehr wichtig.“ rw
Beitragsgraphik: Remmer Witte
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