Immer wieder landet Uber wegen des Vorwurfs der Scheinselbständigkeit seiner Fahrer vor Gericht. Doch anstatt sich dem Recht zu beugen, geht das Unternehmen abermals in die politische Offensive und wirbt mit einem Positionspapier bei der EU für neue Regeln. Gibt es nach dem kalifornischen Vorbild bald auch in Europa eine Arbeitsgesetzgebung-Light für Uber & Co.?
Der Inhalt des Positionspapiers (Weißbuch) ähnelt sehr den Ausführungen, mit denen man in Kalifornien im vergangenen Herbst die sogenannte Prop 22 gewonnen hatte. Uber und Lyft hatten die Wähler mit hohem finanziellen Aufwand ‚überzeugt’, einer Gesetzänderung zuzustimmen, wodurch Arbeitnehmer zu Selbständigen mit minimalen Sozialvorteilen wurden.
Gleich darauf begann Uber, auch andere US-Staaten davon zu überzeugen, ihre Fahrer als ‚Selbständige-Plus’ einzustufen, schließlich funktioniert das Uber-Businessmodell nur mit billigen und extrem flexiblen Fahrern. Parallel wurden Gespräche mit Gewerkschaften aufgenommen – auch in Europa.
Doch damit nicht genug: Jetzt ist auch die Europäische Union an der Reihe. Der Fahrtenvermittler überreichte diese Woche der EU-Kommission ein Weißbuch mit Vorschlägen. Uber-Boss Dara Khosrowshahi forderte die EU-Regulierungsbehörden auf, den Wert unabhängiger (flexibler) Verträge bei der Schaffung von Arbeitsplätzen anzuerkennen. Das steht in ziemlichen Gegensatz zu den aktuellen Bemühungen der EU, den ‚Gig-Workern’ in verschiedenen Bereiche einen besseren Arbeitsschutz zu geben.
Khosrowshahi meinte bei der Übergabe, „einige Prinzipien“ des umstrittenen ‚Proposition 22’ in Kalifornien könnten auch in Europa verwendet werden. Indem die selbständigen Fahrer bei mehreren Gig-Betrieben arbeiten, könnten sie soziale Vorteile sammeln.
Khosrowshahis Initiative Richtung EU hat wohl damit zu tun, dass am kommenden Freitag (19. Februar) der Oberste Gerichtshof des Vereinigten Königreichs (VK) über die Rechte der Arbeitnehmer bei Uber final urteilen will. Schon die letzte Entscheidung eines Richters im VK stufte die Uber-Mitarbeiter als Arbeitnehmer ein. Uber hatte dagegen Berufung eingelegt.
Die Vorlage des Weißbuchs ist ein Vorgriff auf die EU-Konsultationen, die für den 24. Februar terminiert sind. Dort will die EU-Exekutive das Feedback von Arbeitnehmern und Arbeitgebervertretern zu den Rechten von Gig-Arbeitnehmern einholen, bevor sie bis Ende des Jahres Gesetze zu diesem Thema ausarbeitet. „Dieser Standard (für Plattformarbeit) muss den Wert unabhängiger Arbeit anerkennen und auf Prinzipien basieren, die den Fahrern und Kurieren am Wichtigsten sind“, sagte Dara Khosrowshahi in einem Blogbeitrag. Das hört sich genauso an wie jenes Mantra, das Uber und Lyft monatelang in Kalifornien verbreiteten. Viele kalifornische Uber- und Lyft Fahrer würden sich als Selbständige mit einem minimalen Sozialpaket wohler und besser geschützt fühlen statt als Arbeitnehmer.
Khosrowshahi sagte, die Arbeitnehmer sollten Flexibilität und Kontrolle darüber haben, wann und wo sie arbeiten möchten. „Wir glauben, dass ein neuer Ansatz möglich ist – einer, bei dem der Zugang zu Schutzmaßnahmen und Vorteilen nicht auf Kosten der Flexibilität und der Schaffung von Arbeitsplätzen geht“, sagte Khosrowshahi. Die Finanzzeitung Bloomberg schrieb, dass der Uber-Chef sogar bereit wäre, „mehr zu tun und weiter zu gehen“, um den sozialen Schutz für sein Gig-Worker zu verbessern. Er meinte auch, dass in der EU neue Gesetze notwendig wären.
Die EU-Kommission betonte gegenüber der Nachrichtenagentur `Reuters´, sie werde zunächst um Rückmeldung bitten, ob ein Gesetz zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Gig-Arbeitern erforderlich ist, gefolgt von einer zweiten Konsultation zum Inhalt des Gesetzes. „Im Rahmen der Konsultation der Sozialpartner prüft die Europäische Kommission Themen wie prekäre Arbeitsbedingungen, Transparenz und Vorhersehbarkeit vertraglicher Vereinbarungen, Herausforderungen in Bezug auf Gesundheit und Sicherheit sowie einen angemessenen Zugang zum Sozialschutz“, sagte eine Sprecherin der EU-Kommission. wf
Beitrags-Symbolfoto: EU
Soeben hat Uber den Prozess in GB verloren!
Bin sehr neugierig, was die Konsequenzen hier bei uns sein werden.
Denn einerseits sind die Uberfahrer hier in D bei Mietwagenbetrieben angestellt, andererseits bestimmt und vereinnahmt Uber vollständig den Preis, überwacht die Fahrer und ist somit nicht nur Auftragsvermittler.
Hier der Link zum Taxi-Times-Beitrag über das Urteil: https://taxi-times.com/niederlage-fuer-uber-gericht-in-grossbritannien-stuft-fahrer-als-arbeitnehmer-ein/