In einem bayerischen Landkreis wird am Sonntag ein neuer Landrat gewählt. Wie stehen die dortigen Kandidaten zu zwei wichtigen Taxithemen?
Teil 2: Mindestbeförderungsentgelte im Zusammenhang mit Krankenfahrten-Dumping und Mindestlohn
Im Landkreis Traunstein wird am kommenden Sonntag, 29.6.2025 ein neuer Landrat gewählt. Neun Kandidaten haben sich zur Wahl gestellt, einer davon tritt parteilos an. In Teil 1 dieser Meldung haben wir den Landkreis vorgestellt und die Positionen der Kandidaten zum Thema ÖPNV-Taxi und On-Demand-Verkehre. Außerdem eine Erklärung, warum von neun Kandidaten nur vier geantwortet haben und welche Besonderheit gerade dieser Landkreis für Taxi Times hat.
In diesem Teil geht es nun um die Position der Landkreiskandidaten zu Mindestbeförderungsentgelten (MBE) im Zusammenhang mit Krankenfahrten-Dumping und Mindestlohn. Wie in nahezu allen ländlichen Gebieten leben auch im Landkreis Traunstein die dortigen Taxi- und Mietwagenbetriebe größtenteils von den Krankenfahrten. Mit wenigen Ausnahmen zahlen die Krankenkassen für solche Fahrten sehr niedrige Beförderungsentgelte, die derzeit kaum noch wirtschaftlich sind. Ausnahme sind Taxifahrten innerhalb des so genannten Pflichtfahrgebiets, bei denen nach gültigen Taxitarif abgerechnet werden muss. Gerade solche Fahrten werden aber von den Krankenkassen an Mietwagenbetriebe vergeben, weil dort keine Mindestentgelte gültig sind. Dabei spielen die Krankenkassen die Unternehmer untereinander aus, um die Preise zu drücken. Die Folgen sind, dass die Betriebe nicht mehr wirtschaftlich arbeiten können und nach und nach entweder ganz schließen oder aber ihre Verfügbarkeit stark einschränken – mit der Konsequenz, dass in vielen Bereichen zu bestimmten Zeiten schon jetzt keine Taxis / Mietwagen mehr verfügbar sind, was dann vor allen Dingen nachts dazu führt, dass der eine oder andere trotz Alkoholgenuss selber nach Hause fährt.
Dem ließe sich entgegensteuern, indem Kommunen ein Mindestbeförderungsentgelt (MBE) für Mietwagen festlegen, das sich am Fahrpreis für Taxis orientiert.
Das Taxi- und Mietwagengewerbe fordert diese MBE seit Jahren. Derzeit hauptsächlich in den Städten und am 2. Juli sehr lautstark im Rahmen eines Nationalen Aktionstag TAXI, an dem in rund einem Dutzend Städten in Deutschland Taxi-Demonstrationen stattfinden werden. Noch konzentriert man sich bei diesem Protest auf die Städte und den Wettbewerb mit den Plattformen. Aufgrund der ruinösen Dumpingpreise der Krankenkassen nimmt allmählich aber auch der Druck auf die ländlichen Kommunen zu, solche MBE`s einzuführen. Exemplarisch für viele Regionen in Deutschland wollte Taxi Times daher von den Traunsteiner Landratkandidaten wissen: Unterstützen Sie die Einführung von MBE in ihrem Landkreis?
Kurz und knapp formulierte der Linken-Kandidat Johann Martz seine Antwort: „Ja“.
Martin Lackner, Kandidat für die CSU (Bild siehe Beitragsfoto), antwortet darauf sehr differenziert: „Man könnte es sich hier einfach machen und nur „Ja“ sagen. Das würde aber der Ernsthaftigkeit des Themas nicht gerecht. Die Regelung zu Mindestbeförderungsentgelten ist durch den Gesetzgeber geschaffen worden, um „öffentliche Verkehrsinteressen“ zu schützen, also beispielsweise verzerrten Wettbewerb zwischen den verschiedenen Mobilitätsanbietern im Mietwagenverkehr (Anbieter wie beispielsweise Uber…) und dem Taxigewerbe aufzulösen.
Die Entwicklungen bei Krankenfahrten empfindet Lackner als sehr bedauerlich, meint dazu aber etwas kryptisch formuliert: „Durch einen Mietwagen-Mindesttarif unauskömmliche Preise der Kassen für Krankenfahrten können durch eine entsprechende Regelung aber nicht aufgelöst werden, da sie so von der gesetzlichen Regelung nicht umfasst werden.“
Der CSU-Kandidat verweist drauf, dass seit Einführung der Regelung im Gesetz im Jahr 2021 noch keine Stadt und kein Landkreis in Bayern eine entsprechende Regelung für Mindestbeförderungsentgelte eingeführt hat und die Landeshauptstadt München diese nun als Erste prüfe. Für Lackner ist klar: „Das Taxi ist Teil des ÖPNV und dient der Daseinsvorsorge. Es hat eine wichtige Funktion für die Bevölkerung. Daher will ich gerade zu diesem Thema in einem offenen Dialog mit dem Taxi- und Mietwagengewerbe bleiben.“
In den Dialog würde auch die Kandidatin Dr. Ute Künkele von der ÖDP treten – In Form eines Gesprächs, zu dem sie Krankenkassen, Mietwagenbetreiber und Taxifahrer einladen würde, um eine Lösung im gemeinsamen Interesse zu finden. Eine Voraussetzung müsse für Frau Kinkel allerdings sein, dass die Rückkehrpflicht für Mietwagen entfalle.

Sepp Hohlweger von den Grünen erkennt die wirtschaftlichen Herausforderungen für Mietwagen- und Taxiunternehmen im ländlichen Raum klar an. „Die Einführung eines Mindestbeförderungsentgelts kann ein wichtiger Schritt sein, um Dumpingpreise zu verhindern und eine faire Vergütung insbesondere bei Krankenfahrten sicherzustellen. Als Landrat würde sich Hohlweger gemäß der PBefG-Novelle für ein solches Mindestentgelt einsetzen – als Schutzmaßnahme für die Daseinsvorsorge und einen fairen Wettbewerb.
Beim Thema Mindestlohn war zum Zeitpunkt unserer Abfrage noch nicht klar, welche Entscheidung die Mindestlohnkommission treffen würde. Seit heute steht nun fest, dass es eine Erhöhung in zwei Schritten geben wird, der Mindestlohn aber auch nach der zweiten Erhöhung unter den politisch geforderten 15 Euro liegen wird – wenn auch nur knapp (Taxi Times berichtete).

Das dürfte der Kandidatin der ÖDP (Künkele) wie auch dem Linken-Politiker Johann Martz gar nicht gefallen. Beide hatten sich gegenüber Taxi Times klar für 15 Euro ausgesprochen. Martz nannte dabei einen ungewöhnlichen Ansatz, um die dadurch bei Taxi- und Mietwagen fehlende Wirtschaftlichkeit aufzufangen: „Taxi und Mietwagenservice sollten im Bereich Krankentransport keine Konkurrenz sein sondern als inklusiver bezahlbarer Service für die Bürger funktionieren. Im Bereich Personenbeförderung wäre ebenfalls gut eine Harmonisierung der Tarife zu erreichen. Dumpingpreise führen zu Dumpinglöhnen. Das kann nicht das Ziel sein.“
Künkele begründet ihre 15-Euro-Forderung aus der Sicht der Lohnempfänger. Der gesetzliche Mindestlohn müsse deutlich über dem der Grundsicherungssätze liegen, um sogenannte „Aufstockungsfälle“ erheblich zu reduzieren. In diesem Falle müsse man die zulässigen Beförderungsentgelte durch den Landkreis anpassen, wobei zum einen die Wirtschaftlichkeit, unter der der Taxiverkehr vor Ort abgewickelt wird, zu prüfen sei, zum anderen aber auch die Interessen der Allgemeinheit beachtet werden müssen.
Künkeles Fazit: „Im Grunde läuft alles zusammen darauf hinaus, dass für die zuständige Behörde eine „Fürsorgepflicht“ gegenüber dem Gewerbe besteht. Das Betreiben von Taxiverkehr nach eigenen unabhängigen, unternehmerischen Überlegungen ist in Deutschland nicht möglich.“

Anders als die ÖDP-Kandidatin bewertet Sepp Hohlweger von den Grünen die Mindestlohndebatte aus unternehmerischer Sicht: „Als Mitglied der Tarifkommission des Bay. Hotel- und Gaststättenverbandes ist mir dieses Thema bekannt – als Arbeitgeber, aber aus meiner Verantwortung heraus, meinen Mitarbeitenden in einem eher hochpreisigen Landkreis angemessen zu entlohnen.“ Ein höherer Mindestlohn sei aus sozialpolitischer Sicht nachvollziehbar und gerechtfertigt. Hohlweger wünscht sich aber eine Streckung der Erhöhung auf zwei Jahre (ein Wunsch, den ihm die Kommission mit ihrer heutigen Entscheidung auch erfüllt hat).
Der Grünen-Kandidat weiß aber auch, dass die aktuelle Anpassung viele kleinere Betriebe vor zusätzliche Belastungen stellen wird. „Um den Fortbestand der Betriebe und damit auch die Betriebspflicht im ländlichen Raum zu sichern, braucht es gezielte Unterstützung“. Dies könnten angepasste Beförderungstarife sein, für die sich Hohlweger einsetzen will: „Ich sehe den Landkreis im Dienst der Bevölkerung und natürlich all jener, die mit ihrer Dienstleistung, auch unter schwierigen Umständen, Lebensqualität sicherstellen. jh
Beitragsfoto: Das Beitragsfoto zeigt Martin Lackner, CSU, als Zitatgeber der Headline; Foto: Privat