Ein entmachteter Verbandsvorstand, ein abgewählter Aufsichtsrat, dazu ein erst letztes Jahr gegründeter Bundesverband mit Auflösungserscheinungen und ein verlorener Posten in der Handelskammervertretung. Manche Vertreter von Hamburgs Taxigewerbe müssen sich fragen lassen, ob sie wirklich dem Gewerbe dienen oder sich selbst.
Hamburgs Taxilandschaft war einst eine bunte Mixtur aus vielen Taxizentralen und nicht minder wenigen Verbänden. Zentralenseitig waren neben den Platzhirschen Taxi Hamburg 6×6 und Hansafunk noch eine alternativ angehauchte Zentrale (Das Taxi) und diverse Stadtrandzentralen aktiv. Mittlerweile hat Hansafunk sowohl „Das Taxi“ als auch Taxi Hamburg 6×6 übernommen.
Ähnlich verhält es sich bei den Hamburger Taxiverbänden. Mehrere zum Teil sehr traditionsbehaftete Gewerbevertretungen agierten mehr gegen- als miteinander. Heute weisen sowohl der LPVG als auch der LHT nur noch wenige Mitglieder auf. Ersterer ist personell wie strukturell sehr nah an die „Taxen-Union“ herangerückt, der derzeit größten Gewerbevertretung Hamburgs, sowohl im Mitgliederbereich als auch hinsichtlich der finanziellen Möglichkeiten.
Der LHT dagegen verstrickt sich aktuell in internen Streitereien. Einem Beitrag des Hamburger Portals „Taxi-Magazin.de“ ist zu entnehmen, dass der vor einem Jahr gewählte Vorstand auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung im Juli bereits wieder abgewählt wurde. Der Vorgänger ist nun auch wieder der Nachfolger. Heftige gegenseitige Vorwürfe, verbreitet über soziale Medien und öffentlich gewordene Mitgliederschreiben, begleiteten die Schlammschlacht. Was in der Außenwahrnehmung zurückbleibt, ist das Bild eines Taxiverbands, der mit seiner Büromiete im Rückstand ist und dessen Ex-Vorstand Geld unterschlagen und mit eigenen Mietwagengenehmigungen als Partner für Uber und Free Now agiert haben soll. Dem neuen „alten“ Vorstand nehmen dagegen manche Mitstreiter übel, dass er neben seinem einem Taxi auch eine Reihe Mietwagen betreibt, mit denen er für eine Airline exklusiv Fahrten durchführt. Immerhin, so schreibt es das Taxi-Magazin, gäbe es beim LHT nun konkrete Pläne für eine Fusion mit der Taxen-Union. Gemeinsam statt gespalten ist in Zeiten mit Uber, Free Now und Co sicherlich der bessere Weg.
In Hamburg allerdings sind in letzter Zeit einige Akteure ihren eigenen Weg gegangen. Einer von ihnen hatte vor einigen Jahren auf eigene Faust gegen die Moia-Genehmigungen geklagt, dabei für sein Engagement auch viel Anerkennung erhalten, doch er konnte leider keinerlei juristischen Erfolg verbuchen konnte.
Nun gab es den nächsten Rückschlag für diese Person, die als Mitglied im Aufsichtsrat bei Hansafunk mit zwei Stimmen über der erforderlichen Drei-Viertel-Mehrheit aus dem Gremium wieder herausgewählt wurde. Ihr wird vorgeworfen, in Taxis mit Hansafunk-Beschriftung auch Aufträge für Free Now zu fahren. Seit letztem Jahr erlaubt Hansafunk keine Zweitvermittlung, was allerdings aufgrund einer Klage von Free Now juristisch noch auf dem Prüfstand steht.
Ebenfalls auf eigene Faust agiert seit einigen Jahren ein weiterer Hamburger Taxiunternehmer. Er war vor einigen Jahren auf Kosten des bisherigen Vertreters aus der Taxen-Union überraschend in die Hamburger Handelskammer gewählt. Allerdings wirft ihm das Taxi-Magazin nun vor, dort „mehr durch das Verfolgen von Eigeninteressen auf als durch eine effektive Gewerbevertretung“ aufgefallen zu sein. Zu Jahresbeginn gab es nun abermals Handelskammer-Wahlen. Der Unternehmer erhielt dort nun noch 123 Stimmen, der für die Taxiunion ins Rennen gestartete Vertreter erreichte 210 Stimmen – was ihn aber auch nicht gefreut haben dürfte: Um einen Sitz im Parlament der Handelskammer zu bekommen und damit die Taxibranche vertreten zu können, wären 241 Stimmen nötig gewesen. „Durch die Splittung der Stimmen aus dem Taxigewerbe wird erstmalig seit vielen Jahren kein Taxivertreter mehr in der Handelskammer sitzen“, kommentiert das Taxi-Magazin das traurige Ergebnis.
Es blieb nicht die einzige Spaltungsaktivität des Hamburger Unternehmers. 2019 initiierte er die Vereinsgründung der „Föderation Freier Taxen Deutschland (FFTD) mit der Absicht einer bundesweiten Ausrichtung. „Es sollte eine neue Art der Taxler-Vereinigung werden. Eine, die nicht nur redet, sondern auch handelt“, blickt das Taxi-Magazin in einem Beitrag von letzter Woche auf die Anfänge und die weiteren Ziele zurück: „Eine “App der Taxifahrer” sollte geschaffen werden als selbstverwaltetes Gegenmodell gegen den ausbeuterischen Plattform-Kapitalismus à la Uber und FreeNow. Für diese spezielle Aufgabe sollte als zweites Standbein die FFTD-Genossenschaft gegründet werden. In der zweiten Jahreshälfte 2019 begann die Geno-Gründung, parallel wurden mehrere zehntausend Euro bei gutwilligen Unterstützern eingesammelt.“
Nun allerdings soll jene Genossenschaft bereits wieder aufgelöst werden, das verrät ein Tagesordnungspunkt der für den 5. September angesetzten Jahresversammlung. Die App, die eigentlich schon im September 2019 an den Start hätte gehen sollen, soll nun im Dezember 2020 aktiviert werden, „in einer grottigen Version ohne ernsthafte Konkurrenzfähigkeit“, schreibt das Taxi-Magazin, dessen Herausgeber maßgeblich an der Entwicklung mitgearbeitet hatte, der dann aber im Streit aus dem FFTD ausgeschieden war.
Der Hamburger Taxiunternehmer, der sowohl Vorstand des FFTD als auch der Genossenschaft ist, hat derzeit nur noch eine Taxikonzession in Hamburg und agiert laut einem Eintrag bei „LinkedIn“ als “Assistenz der Geschäftsführung” bei einem Lebensmittelhändler.
Da scheint ein selbsternannter Vertreter des Taxigewerbes von eben diesem nichts mehr wissen zu wollen. Der Verfasser des Taxi-Magazins jedenfalls interpretiert das auf seine Weise: „Ob er noch Zeit findet, die Scherben beim FFTD mit wegzukehren, die er, […] zu einem erheblichen Teil selbst produziert hat?“ jh
Anmerkung der Redaktion: Wie man in Hamburg auch erfolgreich agieren kann, können Sie diesem Beitrag entnehmen.
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Allen geht es wohl noch nicht schlecht genug.