Uber hat bei seinem Versuch, den deutschen Taximarkt zu erobern und das für sie hinderliche Personenbeförderungsgesetz aus dem Weg zu räumen, auch Unterstützer aus der Wissenschaft bezahlt. Besonders im Fokus: der FDP-nahe Wettbewerbsexperte Dr. Justus Haucap
Seit gestern Abend veröffentlichen internationale Medien die so genannten Uber-Files, ein Datenleck aus 124.000 vertraulichen Uber-Dokumenten. Sie waren der britischen Tageszeitung „The Guardian“ zugespielt und seitdem von einem Internationalen Konsortium Investigativer Journalistinnen und Journalisten (ICIJ) ausgewertet worden. Für Deutschland waren Reporter*Innen des NDR, der Süddeutschen Zeitung (SZ) und des WDR beteiligt.
Aus den Dokumenten gehen nicht nur die Verstrickungen hochrangiger Politiker in die Lobbyarbeit von Uber hervor oder werden die perfiden Maßnahmen von Uber gegenüber dem Zentralenverbund Taxi Deutschland offenbar, es wird auch klar, dass man von scheinbar unabhängigen Professoren Studien einkaufte.
Wie die SZ berichtete, sei Uber bei seiner Suche nach einem anerkannten Fürsprecher bei Professor Justus Haucap fündig geworden. „Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Düsseldorf, Wettbewerbsökonom, meinungsstark, in Fachkreisen angesehen und als Politikberater anerkannt.“, schreibt dazu die SZ. Die Funktion, die man Haucap zugewiesen hat, geht aus den internen Dokumenten hervor: Er könne beispielsweise Interviews geben und Gastbeiträge verfassen.
Eingefädelt hatte den Kontakt zu Haucap der FDP-Politiker Otto Fricke, heutiges Bundestagsmitglied und haushaltspolitischer Sprecher der FDP. Fricke war, als er und seine Partei aus dem Bundestag geflogen waren, bei einer Münchner Beraterfirma als Partner eingestiegen und hatte von 2014 bis 2015 die Lobbyarbeit für Über koordiniert. Von ihm stammte eine Notiz an die Uber-Verantwortlichen zu Haucap: „Er [Haucap] sei in einem Gespräch mit einer Uber-Managerin wohlwollend gewesen und offen dafür, eine Studie zu verfassen über die Vorteile für Konsumenten, ‚wenn man die Transportindustrie für Apps wie Uber öffnet’, schrieb Fricke im Oktober 2014 an mehrere Uber-Verantwortliche.
Kurz darauf fragte eine Uber-Mitarbeiterin nach einem Exposé für eine Studie“, schreibt die SZ weiter. „Haucap willigte ein. Vertragspartner sollten zugleich die Dice Consult GmbH sein, eine Ausgründung des von ihm geleiteten Dice Instituts für Wettbewerbsökonomik an der Uni Düsseldorf, sowie ein kommerzieller Ableger des DIW, die DIW Econ GmbH. Die Studie allein sollte 44 000 Euro kosten; ein Zeitungartikel zu den ‚positiven Verbraucherwirkungen’ der Marktöffnung weitere 4000 Euro.“ Jener Zeitungsartikel ist dann in der FAZ erschienen. „Davon, dass er [Haucap] offenbar im Hintergrund für den Text von Uber bezahlt wurde, wusste die Zeitung nach eigenen Angaben nichts“, berichtete die SZ.
Die Studie war 2015 unter dem Titel „Chancen der Digitalisierung auf dem Markt für urbane Mobilität“ erschienen und laut SZ zuvor noch einmal von Uber-Vertretern beäugt und in Absprache mit Haucap abgeändert worden. So entstand ein Plädoyer für eine umfassende Reform des Personenbeförderungsgesetzes mit Abschaffung der Tarifpflicht, der Begrenzung der Taxikonzessionen und der Ortskundeprüfung.
Auf Anfrage des Journalistennetzwerks betonen sowohl die Dice Consult GmbH als auch die DIW Econ GmbH, sich bei der Erstellung der Studie an alle wissenschaftlichen Standards gehalten zu haben. „Entschieden falsch ist, dass insbesondere das Ergebnis der Studie vorab festgelegt war“, zitiert die SZ die Geschäftsführung der Dice Consult. Die der Studie zugrundeliegenden Berechnungen seien „unabhängig und letztlich ergebnisoffen durchgeführt“ worden. In ihr sei zudem Uber als Auftraggeber genannt.
Die Studie hatte für eine breite mediale Resonanz gesorgt. Parallel dazu nutze Haucap seine Medienpräsenz auch, um sowohl im Interesse Ubers zu argumentieren als auch die Taxibranche schlecht darzustellen. In der Rheinischen Post lenkt Haucap in einem Interview am 15. Februar 2015 geschickt auf Uber und fordert, Regeln zu schaffen, „dass solche Dienste rechtskonform in Deutschland betrieben werden können.“ Am Taxigewerbe lässt er dagegen kein gutes Haar: „Es ist ja nicht so, dass es im Taxi-Gewerbe früher nur sozialversicherungspflichtige Jobs gab. Dort blüht seit jeher die Schwarzarbeit, weil es viele Fahrer und wenige Konzessionen gibt.“
Taxi Times hatte schon damals in seinem Newsletter auf dieses fragwürdige Interview hingewiesen und auch spätere Aussagen Haucaps immer wieder kritisch hinterfragt. Während der Diskussion um eine Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) war er ein gern gesehener Gast von FDP-Veranstaltungen. Auch dort hatte Haucap mantramäßig die Aufhebung der Tarifpflicht gefordert und die Begrenzung der Taxikonzessionen für unnötig befunden – stets im Einklang mit der FDP.
Die FDP war es schließlich auch, die Haucap als Experten zur öffentlichen Anhördung zur Modernisierung des Personenbeförderungsrechts im Bundestag eingeladen hatte. Haucap hatte dort die Idee von „Happy-Hour-Tarifen“ formuliert (nachzuhören über den Taxi-Times-YouTube-Kanal), was Taxi Times anschließend als wirtschaftsliberalen Holzweg kommentiert hatte.
All diese Meinungsäußerungen erscheinen nun unter den Enthüllungen der Uber-Files und dem dort nachgewiesenen Geldfluss in einem ganz anderen Licht. Oder sie bestätigen das, was sich ein Vertreter des Taxigewerbes schon während der letzten Jahre gedacht hat. „Wenn man sich die Thesen von Professor Haucap so angehört hat und seine Ignoranz gegenüber den Argumenten der Taxiseite betrachtete, war klar, dass hier kein unabhängiger Wissenschaftler spricht“. jh
Beitragsfoto: Prof. Justus Haucap, auf Großbildschirm live zugeschaltet als Experte bei der öffentlichen Anhörung zum Thema Modernisierung des Personenbeförderungsrechts im Bundestag am 22.2.2021 (Screenshot). Foto: Deutscher Bundestag
Der schaut ja schon korrupt aus 😋
Was soll das Gerangel bezüglich Der Rückkehrpflicht für Mietwagen-Fahrten?
Das hat sich doch längst erledigt: Nach meiner kürzlich, ohne Beanstandungen, erfolgten Betriebsprüfung der 10.000 Touren aus den letzten 5 Jahren, waren selbst die Anschlussfahrten, von unterwegs (in einer laufenden Fahrt aufgenommen..!) in Ordnung.
„Der Rückkehrpflicht wäre doch mit einem doppelten U-Turn genüge getan“, erklärte der Prüfer und wünschte meinem Unternehmen weiterhin viel Erfolg im klimafreundlichen Ausbau meiner Flotte.
Da würde uns und auch alle Taxi-Times-Leser dann doch mal interessieren, was mit einem „doppelten U-Turn“ gemeint ist. Zudem ist die Auftragsannahme während der Fahrt ja auch erlaubt, die Rückkehrpflicht gilt für auftragslose Mietwagen.
zur Erklärung an die Redaktion, ist ganz einfach und behördlich abgesegnet:
Meistens ist das durch die zahlreichen Anschlusfahrten während der Fahrt schon erledigt. Aber wenn eine Sofortbestellung nach Fahrtende in Gegenrichtung zum Betriebssitz kommt, dann wende ich zum Abholort des Fahrgastes. –wenn dann sein Zielort in Gegenrichtung zum Betriebssitz liegt, dann wenden meine Fahrer nochmal, ….
Rückkehrpflicht interessiert keinen mehr, und ist wie beschrieben keim Thema mehr ….
Danke, Herr Gruber. Was sie uns hier erklären, ist die Annahme eines Folgeauftrags während der Fahrt. Das war schon vor der Novelle des PBefG erlaubt. Es geht hier aber um die Rückkehrpflicht für auftragslose Mietwagen.
doppelter Uturn heißt bei dem wohl 3 facher bes…..! taxi in Berlin ist meistens billiger als bei den Bes……..!