Eine Reportage der ARD deckt die Rechtsbrüche und kriminellen Strukturen der Mietwagen auf, die für Plattformen wir Uber und Bolt unterwegs sind. Doch was wie neu recherchierte Erkenntnisse wirkt, ist größtenteils seit Jahren bekannt und zeigt den eigentlichen Skandal: Politik und Behörden schauen – bis auf wenige Ausnahmen – tatenlos zu. Sie werden damit zum Totengräber des Rechtsstaats.
Ein Kommentar von Jürgen Hartmann und Axel Rühle
Die Massenmedien nehmen sich des Missstands Mietwagenkriminalität zunehmend gründlich an. Regelmäßig berichten öffentlich-rechtliche wie auch private Sender über die kriminellen Machenschaften von Uber-und Bolt-Partnern. Das jüngste Beispiel konnten Millionen Zuschauer am Dienstagabend um 21.45 Uhr verfolgen, als die Sendung „Report Mainz“ einen rund zehnminütigen Beitrag zum Thema „Uber und Bolt – Abzocke außer Kontrolle?“ ausstrahlte.
Auf den ersten Blick war es die gefühlt zwanzigste Reportage eines öffentlich-rechtlichen Senders, in der das Treiben von Uber & Co. nicht als cool und zeitgemäß verklärt, sondern kritisch beleuchtet wird. Der Beitrag von Niklas Maurer beginnt mit Szenen aus dem Smartphone-Video, über das Taxi Times am 6. September in der Meldung „Konflikt zwischen Uber- und Taxifahrern eskaliert in Massenschlägerei“ berichtet hat. Schon damals hatte Taxi Times gefordert, dass jetzt die Politik endlich handeln müsse.
Autor Niklas Maurer ist der Ursache dieses Gewalt-Exzesses gründlich nachgegangen und hat vor Ort Taxifahrer befragt. Einer erzählt von Verstößen durch Uber-Fahrer wie unberechtigtes Bereithalten auf Taxistellflächen, aus denen Streits entstehen, die mitunter eskalieren: „Das sind keine Einzelfälle. Wir werden halt immer wieder angepöbelt von denen.“ Maurer fragt nach, erläutert Grundzüge der Rechtslage und dokumentiert typische Verstöße, etwa gegen die Rückkehrpflicht für Mietwagen, deren Beachtung das Geschäft der Uber- und Boltpartner unlukrativ machen würde – Erkenntnisse, die seit Jahren bekannt sind – auch bei den Behörden und bei der Politik.

Das bringt den Autor des Beitrags auf Mietwagenkontrollen in Berlin, über die Taxi Times unter anderem am 16.1.2023 in der Meldung „Kontrolle in Berlin: Schichtende für viele Mietwagenfahrer“, am 18.4.2023 in der Meldung „Nächste Mietwagenkontrolle, noch mehr Verstöße“ und am 31.5.2024 in der Meldung „Berlin: 1.661 illegale Mietwagen aus dem Verkehr gezogen“ berichtete. Der Report-Beitrag greift auf Bildmaterial einer Kontraste-Sendung vom August 2023 (!) zurück. Schon damals hatte der Fachgebietsleiter der Finanzkontrolle Schwarzarbeit beim Hauptzollamt Berlin, Axel Osmenda, seine aus seiner Arbeit gewonnene „Drei-Drittel-Erkenntnis“ offenbart: „Ein Drittel wird legal gearbeitet, ein Drittel wird letztendlich Leistung vom Jobcenter bezogen und ein Drittel wird voll schwarz gearbeitet. Ich würde schon sagen, dass wir uns hier im Bereich der organisierten Form der Schwarzarbeit befinden“.

Auch die Arbeitsbedingungen der Fahrer werden thematisiert: „Eine Gefahr für Passagiere, wenn Fahrer beispielsweise übermüdet sind“. Über die gefährlichen Konsequenzen können sich die Politiker ebenfalls seit Jahren ausführlich informieren, sie waren auch bei Taxi Times schon häufiges Thema, zuletzt am 6. November in der Meldung „Uber-Fahrer – tickende Zeitbomben im Straßenverkehr“.
Nächstes Thema im Report-Beitrag ist die große Razzia gegen illegale Fahrdienste in Frankfurt am Main in der vierten Januar-Woche dieses Jahres, über die Taxi Times am 27.1.2025 in der Meldung „Nach Razzia gegen illegale Fahrdienste: Sofort handeln und Uber-App verbieten“ berichtete. Dazu Niklas Maurer: „Anfang des Jahres sind bei einer Razzia in Frankfurt viele Autos aufgeflogen, die mutmaßlich mit gefälschten Konzession unterwegs waren. Die Staatsanwaltschaft ermittelt noch.“
Dann der Schwenk nach Nordrhein-Westfalen: „Auch ein aktuelles Expertengutachten für die Stadt Essen zeigt, wie Mietwagenunternehmen als Uber-Partner bei Arbeitszeiten Steuer und Sozialabgaben manipulierten. Ein Problem für uns alle, wenn dem Staat und den Sozialkassen Geld fehlt.“ Das Gutachten deckt ebenfalls Strukturen organisierter Kriminalität auf. Es war letztendlich der Anlass für den Essener Stadtrat, zum 1. Januar 2026 Mindesttarife für Mietwagen festzulegen. Dies ist ein politisch wirksames Instrument, um die systembedingten Rechtsverstöße einzudämmen. Da die Plattformen ihre Mietwagenpartner dazu verdonnern, zu unwirtschaftlichen Dumpingpreisen zu fahren, sind diese wiederum zu Rechtsbruch und Sozialdumping gezwungen. Obwohl dieser Zusammenhang völlig klar und ersichtlich ist, haben sich deutschlandweit erst drei Städte dazu durchgerungen, Mindesttarife einzuführen: Essen, Heidelberg und Solingen.
Das Mindestbeförderungsentgelt (MBE) für Mietwagen kommt im Beitrag nicht vor; hier geht es darum, die Verstöße aufzuzeigen. Dazu begibt sich der Autor auf Vor-Ort-Recherche und stellt dabei fest, dass eine Betriebssitzadresse eines Mietwagenunternehmers nahe Köln in Wahrheit ein Puff ist. Die Masche mit der Scheinfirma ist bekannt und steht im Zusammenhang mit den im letzten Jahr bei Taxi Times mehrfach thematisierten Firmenbestattungen.

Schließlich bittet Maurer den Berliner SPD-Politiker Tino Schopf um eine Stellungnahme, dem wohl berühmtesten Kämpfer gegen den systemmäßigen Betrug bei Mietwagenunternehmen. „Das ist Standard“, so Schopf, der im Mietwagenbereich nichts Anderes erwartet hätte. „Das ist für mich organisierte Kriminalität, organisiert auf hohem Niveau. Was Anderes fällt mir dazu nicht mehr ein. Es zeigt aber auch, wie hoffnungslos überlastet unsere Genehmigungsbehörden sind.“ Seine rund 60 Anzeigen allein im letzten Jahr hätten zu mehr Kontrollen geführt, aber auch dazu, dass in Berlin immer mehr Mietwagen mit auswärtigen Kennzeichen unterwegs seien – eine Entwicklung, die längst auch bei allen Landratsämtern und den Politikern des Brandenburgischen Landtags angekommen ist und worüber auch Taxi Times schon mehrfach berichtet hat, etwa am 3. Juni in der Meldung „Mietwagensumpf: Berlins Nachbar-Landkreise rufen Ministerium zu Hilfe“. Die Unternehmer flüchteten dorthin, „wo die Behörden weniger Personal hätten“, worüber Taxi Times unter anderem am 23. August in der Meldung „Taktische Überlastung: Kriminelle fluten Behörden mit Konzessionsanträgen“ und am 30. September in der Meldung „Kleine Landkreise werden von Mietwagen überschwemmt“ berichtete. Doch auch hier wird auf behördlicher und politischer Ebene entweder gar nicht oder nur vereinzelt gegengesteuert.

Autor Niklas Maurer will das genauer wissen und fährt nach Brandenburg – exakt an eine Adresse in Bernau bei Berlin im Landkreis Barnim, an der Taxi Times sich vor dem 1. November „Auf den Spuren der unsichtbaren Mietwagenunternehmer“ umgesehen hatte. Maurer spürt exakt die Briefkastenwand auf, an der Taxi Times sich von einem Insider zwei Briefkästen von Mietwagenfirmen hatte zeigen lassen. Einen Mietwagenunternehmer findet er auch nicht.

Der kriminelle Schwerpunkt des Mietwagensumpfes liegt zweifellos in Berlin, doch der Autor macht in seiner Reportage deutlich, dass die Vorgehensweise bundesweit identisch ist. Bestätigt wird das von Dr. Hanna Sammüller von der Ordnungsbehörde München: „In ganz Deutschland ermitteln Behörden gegen Mietwagenunternehmen, auch in Bayern.“ Sie nehme ebenfalls eine Flucht aufs Land wahr, teilweise 100 Kilometer und mehr, seit sie die Kontrollen hochgefahren habe. Darüber berichtete Taxi Times unter anderem am 18. März in der Meldung „Uber-Invasion und das Ringen um Mindesttarif und Inklusionsförderung“.
Das KVR hatte die Ergebnisse dieser Betriebsprüfungen im Sommer öffentlich gemacht. Ähnlich wie in Essen waren auch hier die Erkenntnisse der Anlass, ein MBE einzuführen. Doch anders als in Essen und Solingen hat sich hier die Münchner SPD in letzter Minute anders besonnen und die Einführung gestoppt – was dann zu massiven Protesten aus der Taxibranche führte, denen seitens der SPD-Politiker bis heute nicht schlüssig erklärt wurde, was sie zu diesem Rückzug bewogen hat.
Unter dem Deckmantel der Uber- und Bolt-Plattformen haben Betrüger mittlerweile ein rechtsfreies Paralleluniversum aufgebaut. SWR-Autor Niklas Maurer kommt diesen Machenschaften auf die Spur. Er filmt mit versteckter Kamera einen Unternehmer, der ein perfektes illegales Geschäftsmodell schildert. Es arbeitet mit Scheingeschäftsführern in Mietwagenunternehmern.
Das deckt sich mit den Erkenntnissen aus Berlin und erinnert an eine andere Fernsehreportage, in der rbb-Redakteure nach einem Autoverleih in Berlin-Neukölln suchen, der PS-starke Pkw an halbstarke Raser in Berlin verleiht, und dessen auf dem Papier genannter Geschäftsführer nach spannender Suche gefunden wurde: ein verwahrloster Alkoholiker in Polen, dem ein Unbekannter mit einem Mercedes 25 Euro für eine Unterschrift auf einem Papier geboten hatte, das er nicht verstand.

Mit den bis dahin aufgelaufenen Fragen wendet Maurer sich schließlich an Uber und Bolt – und bekommt die üblichen Märchen zu hören, über die Taxi Times bereits unzählige Male berichtet hat, unter anderem am 10. Oktober 2024 in der Meldung „Kölner Zentrale deckt Uber-Lügen auf – WDR dreht Reportage“. Uber betont in seinem Statement, dass man nur Vermittler sei und als solcher penibel darauf achte, dass alle Partner sich an die gesetzlichen Vorgaben halten, weshalb man dafür nicht belangt werden könne. Dass man sich mit dieser Schutzbehauptung nicht aus der Verantwortung stehlen kann, wurde in zwei kürzlich ergangenen Urteilen deutlich: Das OLG Köln kam im Mai 2025 zu der Erkenntnis, dass auch der Generalunternehmer für die Rechtsverstöße haftbar gemacht werden kann, die dessen Sub-Unternehmer begehen (siehe hier). Noch deutlicher wurde kürzlich das Landgericht Köln: Die Fahrtenvermittlung durch die Uber-App ist rechtswidrig, die App selber darf deshalb in ihrer jetzigen Form nicht verwendet werden!
Fazit: Niklas Maurer macht in seiner Reportage deutlich: Der Betrug innerhalb der Mietwagenbranche ist breit gefächert. Er reicht vom einfachen, aber regelmäßigen Gesetzesverstoß gegen bestehende Vorschriften wie Rückkehrpflicht, Arbeitszeiten etc. bis zur organisierten Kriminalität mit Sozialdumping. Zudem wird deutlich, dass dies nicht nur ein Berliner Problem ist, sondern bundesweite Praxis.
Der eigentliche Skandal ist aber, dass alles, was die ARD in diesem Beitrag zur Sprache bringt, seit Monaten, teilweise sogar Jahren bekannt ist. In dieser Meldung sind 26 (!) Verlinkungen eingebaut. Kein Politiker und kein Behördenmitarbeiter kann sagen, er hätte die wahren Hintergründe von Uber und Bolt nicht gewusst. Wer jetzt immer noch wegschaut und nichts unternimmt, wird zum Totengräber der Demokratie und des Rechtstaats. jh / ar
Hinweise der Redaktion:
Der knapp zehnminütige Beitrag ist in der ARD-Mediathek abrufbar und kann unter diesem Link bis November 2026 angesehen und heruntergeladen werden (mit der rechten Maustaste in das Video klicken und „Video speichern unter …“ auswählen).
Eine ausführlichere Version der Fernsehreportage von knapp 16 Minuten Länge ist über diesen Youtube-Link abrufbar.
Die ersten Leserkommentare zur Sendung finden Sie unter unserer Ankündigungs-Meldung.
Bilder: Screenshots aus der ARD-Sendung „Report Mainz“ vom 18.11.2025 (soweit nicht anders angegeben)









„Die Fahrtenvermittlung durch die Uber-App ist rechtswidrig, die App selber darf deshalb in ihrer jetzigen Form nicht verwendet werden!“
Und genau da ist das Problem! Einem Taxiunternehmer wird bei vorsätzlichen Gesetzesbrüchen die Konzession entzogen. Punkt. Es wird nicht nur seine „jetzige Form“ des kriminellen Verhaltens sanktioniert.
Uber ist erwiesenermaßen chronisch auf Mißachtung sämtlicher gesetzlicher Normen ausgelegt. Dem Unternehmen ist daher gänzlich auf lange Zeit jegliche Tätigkeit in Deutschland zu untersagen. Egal ob Mietwagen oder Taxi.
Statt einer Novelle des PbfG hätten wir ein eigenes Gesetz gebraucht. TMZG, Taxi-Mietwagen-Zentralen-Gesetz. Auch Vermittler gehören konzessioniert und unter Kuratel gestellt.
MBE gehört bundesweit einheitlich festgelegt. Mindestens 50 Euro pro Beförderung.
Der ursprüngliche Sinn der Regelungen für Mietwagen war ja, daß sie eben KEINEN taxiähnlichen Verkehr anbieten dürfen. Was früher „Minicar“ war, heißt heute Uber. Die Touren werden jetzt eben via mobilem Internet vermittelt und nicht mehr per Telefon. Es hat sich nur die Art der Vermittlung geändert. Nicht geändert hat sich das kriminelle Verhalten.
Der Wegfall der OKP war der entscheidende Schritt hin zu den heutigen Zuständen.
Die Politik schaut hier aber nicht etwa untätig zu. Im Gegenteil. Von Uber korrumpierte Politiker tun alles, um diese Zustände erst zu ermöglichen.
wenn aber Uber als Vermittler zur Rechenschaft gezogen wird, und die App gesperrt wird, dann schaut die Sache ganz anders aus. Aber nein das wird nicht gemacht, gegen die großen Konzerne dürfen wir nichts machen, auch keine steuern verlangen
Die einzige Lösungen sind: Die UBER-App endlich sperren und eine Bundesweite Anklage gegen die Firma UBER einzuleiten ! Dafür müssen vorher aber die geeigneten Politiker gewählt werden, welche Ihre zuständigen, Verantwortlichen Behörden ultimativ zwingen; endlich ihre ordnungspolitischen Verpflichtungen wahrzunehmen. Denn UBER arbeitet seit etwa 10 Jahren ILLEGAL – also weiss man unterdessen genug über diese Verbrecherbande !
Grüsse eines Taxifahrers, der wegen UBER in den Konkurs gedrängt wurde.