Im „TMV direkt“ erteilte Martin Kröber der Branche Nachhilfe in Sachen pragmatischer Bundespolitik: Egal, welche Forderung, entweder sie landet im Koalitionsvertrag, zwischen welchen Parteien auch immer, oder es wird diesbezüglich in den kommenden vier Jahren nichts passieren.
Das Taxi-Gewerbe muss sich jetzt lautstark melden, wenn es unaufschiebbare Wünsche hat – so die Kernaussage des Bundestagsabgeordneten Martin Kröber (SPD) in der Sitzung von „TMV direkt“ am 30.1.
Wohl nicht ohne Grund konnte der Taxi- und Mietwagenverband Deutschland e. V. (TMV) gerade jetzt einige Bundespolitiker für die aktuelle Staffel des Dialogformats „TMV direkt“ gewinnen, denn es ist Wahlkampf. Der drittletzte Gast dieser „Staffel“, Martin Kröber aus Magdeburg, war nicht zum ersten Mal bei „TMV direkt“, sondern ist Wiederholungstäter. Er hat als Bahner aus einer Bahner-Familie durchaus einen guten Draht zur Fahrgastbeförderung, auch auf der Straße. Der 32-jährige bezeichnet sich im Übrigen selbst auf seiner Internetpräsenz als Schwergewicht im Bundestag für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen.
Nach einer kurzen Vorstellung durch Moderator Nico Höttges ging es schnell ans Thema. Kröber lehnte sich dabei schon in der Vorstellungsrunde sehr weit aus dem Fenster und formulierte die Forderung, dass Taxi aus seiner Sicht ein unabdingbarer Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge sei, und daher seien nötigenfalls zumindest in ländlichen Regionen sogar regelmäßige Vorhalteprämien denkbar, damit Taxi flächendeckend erhalten bleibe. Solche Förderungen wären allerdings für Metropolen wie Berlin nicht vorstellbar.
Er wolle verhindern, dass das Taxi alternativ in der Fläche aussterbe. Mit solchen Subventionen könne man auch den Spagat zwischen mindestlohnbedingt steigenden Taxipreisen und der daraus möglicherweise folgenden Unbezahlbarkeit begegnen. Taxi gehöre für ihn eindeutig zum ÖPNV, auch wenn der Gesetzgeber der Branche dieses Prädikat als umfassende Eigenschaft für alle Taxiverkehre bisher noch vorenthalten habe.
Anschließend fragte er die teilnehmenden Gewerbevertreter nach ihren Wünschen und verwies darauf, dass nach der kommenden Bundestagswahl ja Koalitionsverhandlungen anstünden, möglicherweise auch mit SPD-Beteiligung. Kröber: „Entweder schafft es das Taxi in den kommenden Koalitionsvertrag, oder es passiert vier Jahre lang nichts.“ Er erklärte dann, die Koalitionsverhandlungen seien die entscheidende Weiche, denn im Laufe der folgenden Legislaturperiode werde aller Voraussicht nach nichts passieren, was nicht schon zu Beginn verhandelt und vertraglich fixiert worden sei. Hier müsse man sich also sputen. Viel Zeit habe das Gewerbe nicht mehr, wenn es jetzt etwas erreichen wolle – immerhin mal eine klare Aussage.
Die Teilnehmer verwiesen Kröber in der Folge darauf, dass es bei der oftmals prekären Einnahmesituation des Gewerbes nicht nur um die behördlich festgelegten Tarife gehe, sondern auch um die parallel notwendigen Vereinbarungen mit den Krankenkassen zur Vergütung von Krankenfahrten. Hier hakte Kröber ein und berichtete von einem Magdeburger Taxifahrer, der ihm berichtet habe, dass man dort drei verschiedene Vergütungsvereinbarungen mit drei verschiedenen Kranklenkassen habe, und dies auch noch auf Einzelvertragsbasis. Er selbst habe einmal Verhandlungen zwischen Krankenkassen und Hebammen beigewohnt und dort erlebt, wie hilflos ein Gewerbe gegenüber den Krankenkassen dastehen könne, wenn ihm kein Druckmittel zur Verfügung steht.
Kröber: „Entweder haben bei solchen Verhandlungen beide Seiten Druckmittel in der Hand oder keiner. Ansonsten kann eine Seite (hier also das Taxi) nur betteln und wird trotzdem immer wieder auf Neue erleben, wie die Krankenkassen es übers Ohr haut“. Auch hier konnte er sogar aus eigener Erfahrung berichten, da er mal bei einer Krankenkasse gearbeitet habe, ausgerechnet in der Fahrkostenabteilung. Diesen Job habe er aber schnell wieder aufgegeben. Sollte es zukünftig also eine Regierungsbeteiligung SPD geben, wovon zumindest er auch ausgehe, werde er dafür kämpfen, dass zukünftig die Länder mit am Verhandlungstisch sitzen, wenn wieder solche Verhandlungen anstehen.
Beim ÖPNV-Taxi holten die Teilnehmer das Bundestagsmitglied noch in sehr weiter Vergangenheit ab. Kröber propagierte zunächst, dass ÖPNV und Taxi doch schon lange die lokalen Bedürfnisse in der Fahrgastbeförderung sehr gut erfüllen könnten und er gar keinen Änderungsbedarf erkennen könne. Allerdings war auch für ihn dann nachvollziehbar, dass es dringend einer besseren Kooperation zwischen beiden genannten Polen bedarf, auch damit leere Busse der Vergangenheit angehören. Allerdings erwartet er zeitnah steigenden Druck auf die Linien-Busunternehmen, da viele der neuen Mitbürger allein sprachlich schon mit den Anforderungen eines Busführerscheins heillos überfordert seien, während ein Engagement als Taxifahrer erheblich einfacher realisierbar sei. Gleichzeitig würden für jeden Bus, der eingespart werde, doch große Summen frei, die dann in der Branche landen könnten.
Zum Thema einer von der Branche erwünschten Uber-Abwehr ernüchterte Kröber die Gewerbevertreter. In seiner Wahrnehmung sei Uber sowohl bei der CDU, der FDP als auch bei den Grünen, aber auch bei großen Teilen der SPD schon ein gewünschter Marktteilnehmer. Im Übrigen habe zumindest er die Funktion der – lange Zeit von der Taxibranche vehement thematisierten – Rückkehrpflicht für Mietwagen nie verstanden, auch, da man diese ja offensichtlich auch legal beispielsweise mit verschiedenen Betriebssitzen recht einfach umgehen könne. Allerdings unterstütze er die neuen Instrumente aus der Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) wie den Tarifkorridor und die Mindestfahrpreise für Mietwagen.
Der SPD-Politiker überraschte die Teilnehmer dann noch mit einer engagierten Initiative für App-basierte Taxameter. „Wozu braucht es denn den ganzen Quatsch?“ fragte er, es sei für ihn überhaupt nicht nachvollziehbar, warum man für die Taxibranche nach wie vor an den aus seiner Sicht antiquierten Taxametern festhalte, gerade wenn es genau deswegen inzwischen ja sogar zu Problemen mit dem Angebot von Neufahrzeugen käme. Die Netzabdeckung dafür sei seiner Meinung nach durchaus ausreichend, auch wenn es zwischenzeitlich mal Funklöcher gäbe. Auch das gehöre für ihn zu einem Level-Playing-Field, also gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen den internationalen Plattformanbietern wie Uber und dem Taxi.
Im Ergebnis konnte Kröber dem Publikum trotz einiger Wissenslücken wohl recht klar vermitteln, wie Politik gestrickt ist und dass Forderungen aus dem Gewerbe auf das absolut Wesentliche reduziert sein müssen, wenn sie dort Gehör finden wollen. Vielleicht bedarf es ab und zu genau solcher Hinweise, wenn die sonst so vielstimmige Taxi-Branche tatsächlich etwas erreichen möchte: Für die Bundespolitik zählt hier Einstimmigkeit. rw
Beitragsbild: Screenshot TMV