Keine Fahrgastschlangen mehr: Im Landkreis Dahme-Spreewald gibt es inzwischen so viele Taxis mit BER-Aufstellerlaubnis wie in Berlin. Damit ist die 1:1-Regelung am Nachrückspeicher zum Nachteil für die LDS-Taxis geworden. Die Bitte aus dem LDS um eine Änderung der Regelung lehnen die Berliner Verbände ab.
Das Verkehrsdezernat des Landkreises Dahme-Spreewald (LDS) ist an die Berliner Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt (SenMVKU) mit der Bitte um eine Änderung der Taxiregelung am Flughafen Berlin Brandenburg (BER) herangetreten. Die Brandenburger wollen kurzfristig eine Testphase für die Regelung, bei der der Abruf für die Vorfahrt aus dem Taxispeicher für die ladeberechtigten Taxis wieder auf das Verfahren umgestellt wird, das zu Beginn der gemeinsamen Bedienung galt: „First In – First out“, also die Bedienung der Ladeleisten in derselben Reihenfolge, in der die Taxis auf dem großen Speicher eingetroffen sind.
Hintergrund ist die vom LDS Ende 2021 durchgesetzte Regelung, dass vom Taxispeicher des Flughafens, auf dem die aufstellberechtigten Taxis aus Berlin (Kfz-Kennzeichen: B) und dem LDS (Kennzeichen: LDS, KW, LC oder LN) darauf warten, zu den Ladeleisten vorgelassen zu werden, immer abwechselnd ein Taxi aus Berlin und eins aus dem LDS aufgerufen wird. Mit dieser Regelung wollte der LDS den aus seiner Sicht bestehenden Nachteil beheben, dass aufgrund der höheren Zahl von Berliner Taxis das Gewerbe aus dem LDS weniger Fahrten bekommt, solange nach dem Prinzip verfahren wurde „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“.
Wie die SenMVKU den Berliner Verbänden mitgeteilt hat, ist im LDS die Zahl der Taxikonzessionen inzwischen „stark angestiegen“ und hat jetzt fast das Niveau der aus Berlin erteilten Ladeberechtigungen erreicht. Im Laufe des letzten Jahres war die Zahl von 250 auf über 450 gestiegen. Wenn es nun um die 500 sind, haben am Flughafen demnach ebenso viele LDS-Taxis eine Aufstellberechtigung wie Berliner Taxis. In Zahlen ausgedrückt: Es dürfen rund 90 Prozent der LDS-Taxis am Flughafen laden (der Rest ist im südlichen Teil des Landkreises konzessioniert) und nicht einmal zehn Prozent der Berliner Taxis. Als „Preis“ für die Aufstellberechtigungen von jetzt 500 Berliner Taxis am Flughafen, der im LDS liegt, musste Berlin den Taxis mit LDS-Konzessionen gestatten, in Berlin an allen Halteplätzen Fahrgäste zu laden. Das tut ein Teil allerdings auch illegal auf den Straßen.
Ungeachtet dessen führt die jetzige hohe Zahl an Taxis im LDS laut Dezernat für Verkehr, Bauordnung, Umwelt und Verbraucherschutz des Landkreises zu einer im Durchschnitt rund 20 Minuten längeren Wartezeit der LDS-Taxis am Flughafen. Das habe eine Datenauswertung der Firma APCOA für den Monat April 2023 ergeben, bei der alle Taxianfahrten getrennt nach LDS und BE ausgewertet wurden. Insgesamt liege die durchschnittliche Wartezeit bei weit über einer Stunde. Engpässe bei der Bedienung in den Randzeiten gebe es nicht mehr.
Das Verkehrsdezernat des LDS sieht sich daher deutlicher Kritik aus der dortigen Taxibranche ausgesetzt. Die Gewerbevertreter – die mehr in Berlin beheimatete Unternehmer vertreten als tatsächlich im LDS ansässige – beklagen, dass es aufgrund der durchschnittlich längeren Wartezeiten strukturell für sie weniger wirtschaftlich sei, den BER anzufahren, obwohl der BER in ihrer Betriebssitzgemeinde liege und die einzige relevante Einnahmequelle darstelle. Aktuell würden insgesamt weniger Taxen aus Berlin als aus dem LDS den Flughafen anfahren, dann aber aufgrund der 1:1-Regelung schneller einen Auftrag erhalten. Daher müsse der Abruf nach dem Willen der Taxibetriebe mit Betriebssitz im LDS wieder so umgestellt werden, dass für alle ladeberechtigten Taxen übergreifend gilt, dass sie nach Wartezeit aufgerufen werden.
Würde die Berliner Senatsverwaltung so stur auf die Bitte nach Verhandlungen reagieren wie in den letzten vier Jahren das Landratsamt des LDS, so würde das Anliegen rigoros abgelehnt. Stattdessen hat die Fachreferentin gewerblicher Straßenpersonennahverkehr, Dagmar Blöcher, zunächst den Berliner Verbänden im Anhörungsverfahren Mitsprache gewährt: Man „könnte sich diese Regelung erst einmal nur in einem zeitlich begrenzten Testbetrieb unter bestimmten Bedingungen vorstellen.“ Die derzeitige 1:1-Regelung und die Auflage für aufstellberechtigte Berliner Taxis, den BER einmal pro Schicht anzufahren, habe ja dafür sorgen sollen, „dass es zu allen Tageszeiten einen hinreichenden Anreiz für das Berliner Gewerbe gibt, den BER zu bedienen, da im LDS noch nicht die Zielmarke von 500 konzessionierten Taxen erreicht war.“ Unter den neuen Umständen müsse sich erweisen, ob auch ein System „First in – First out“ die Bedienung des Flughafens sicherstelle.
Ein solches Entgegenkommen will die SenMVKU an drei Bedingungen knüpfen: Sie sei bereit, der Testphase zuzustimmen, wenn diese bis Ende September 2023 begrenzt wird, die Flughafengesellschaft während der gesamte Testphase im Bedarfsfall zusätzliche Berliner Taxen anfordern darf, und wenn die Verpflichtung für die Berliner Taxis, in 80 Prozent aller Schichten mindestens einmal pro Schicht den BER anzufahren, ausgesetzt wird.
Darüber hinaus würde vom LDS verlangt, „seine bisher kritische Haltung gegenüber der Einführung von Festpreisen im Berliner Tarif/Flughafentarif überdenken“. Sollte der Test erweisen, dass eine nachfragegerechte Bedienung des BER auch mit der geänderten Regelung funktioniere, „könnte für die Ausgabe der künftigen Berliner Ladeberechtigungen die Auflage zur verpflichtenden BER-Anfahrt dauerhaft entfallen.“
Die SenMVKU hat die am Anhörungsverfahren beteiligten Berliner Verbände um kurzfristige Rückmeldung gebeten mit dem Hinweis: „Davon unabhängig ist der Vorschlag aus dem Gewerbe zu sehen, nochmals auf den Landkreis zuzugehen mit der Idee eines gemeinsamen Bediengebiets.“
Die gefragten Verbände haben in Absprache miteinander ihre Ablehnung des Vorschlags erklärt. „Wir sind in Berlin seit Eröffnung des BER und der damit verbundenen Ausgrenzung vieler Berliner Taxis ununterbrochen deutlicher Kritik aus dem Gewerbe ausgesetzt“, heißt es in einem Schreiben des Berliner Taxibundes BTB in Anspielung auf die Aussage des Landratsamtes. Die Testphase habe das Ziel „kurzfristig das Sommergeschäft an LDS-Taxen zu leiten“, unterstellt der Vorstandsvorsitzende Özgür Mergün. „Grundsätzlich werden LDS-Taxen von Berlinern mit Betriebssitzen in Schönefeld und Königs Wusterhausen betrieben. Diese Taxiunternehmer und deren Angestellte erhalten durch den Vertrag zwischen dem Landkreis und Berlin die Möglichkeit, in Berlin Fahrgäste zu laden. Diese Möglichkeit wird selten genutzt. Der Betrieb eines reinen BER-Taxis ist aus vieler Sicht nicht ökologisch und auch nicht ökonomisch. So kann seit Jahren der Betrieb eines Taxis zur ausschließlichen Bedienung des Flughafen BER nicht wirtschaftlich sein.“
Anstelle einer Änderung der bestehenden Regel, die bisher die LDS-Taxis klar bevorzugt hat und nun leicht benachteiligt, wird den „LDS-Kollegen“ empfohlen, ihr in der Vereinbarung verbrieftes Recht wahrzunehmen, in Berlin an Taxihalteplätzen auf Fahrgäste zu warten und so ihre wirtschaftliche Situation aufzubessern. Eine Verfahrensweise wie vom Senat als Testphase vorgeschlagen, könne man sich „nur vorstellen, wenn eine gerechte, ökologisch und ökonomisch sinnvolle Einigung für alle Zeiten erreicht wird.“
Die anderen Verbände haben sich dem angeschlossen und bekräftigt, man werde „die Auflagen am Flughafen BER nur dann akzeptieren, wenn gleichzeitig alle Berliner Taxibetriebe eine Ladeberechtigung am BER erhalten.“ Dann sei man auch mit einem uneingeschränkten Laderecht für alle LDS-Taxis in Berlin einverstanden. Die beste Lösung sei ein gemeinsames Pflichtfahrgebiet: „So wären die Konfliktpunkte effektiv und rechtssicher bereinigt und das aufwändige, zeitraubende und nicht besonders faire Losverfahren um die Berliner Aufstellberechtigungen und damit das permanente BER-Taxi-Problem wären damit ebenfalls vom Tisch“, so Hayrettin Şimşek, zweiter Vorsitzender der Berliner Taxi-„Innung“, in seinem Schreiben an die Senatsverwaltung. ar
Beitragsfoto: Axel Rühle
Ja was soll man dazu sagen? Eventuell, klassisch ins eigene Knie geschossen.